Der britische König Charles III. hat die umfangreiche deutsche Hilfe für die Ukraine im Verteidigungskampf gegen Russland gewürdigt. «Der Entschluss Deutschlands, der Ukraine so große militärische Unterstützung zukommen zu lassen, ist überaus mutig, wichtig und willkommen», sagte der Monarch am Donnerstag in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag. «Deutschland und das Vereinigte Königreich haben eine wichtige Führungsrolle übernommen.»
Als größte europäische Geber hätten beide Länder entschlossen reagiert und Entscheidungen getroffen, die früher vielleicht unvorstellbar gewesen wären, sagte Charles weiter. Der Angriffskrieg gegen die Ukraine habe unvorstellbares Leid über viele unschuldige Menschen gebracht. «Zahllose Leben wurden zerstört, Freiheit und Menschen wurden brutal mit den Füßen getreten. Die Sicherheit Europas ist ebenso bedroht wie unsere demokratischen Werte.»
Der Auftritt im Bundestag war der zentrale Programmpunkte am zweiten Tag des Staatsbesuchs von König Charles und Queen Camilla, die mit ihrem Mann in das Reichstagsgebäude gekommen war.
Hochrangige Gäste im Bundestag
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Bundesratspräsident Peter Tschentscher (SPD) und der Präsident den Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, begleiteten die Gäste in den Plenarsaal.
Auf der Besuchertribüne verfolgten unter anderem die früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck und Christian Wulff sowie die früheren Bundestagspräsidenten Rita Süssmuth (CDU), Norbert Lammert (CDU) und Wolfgang Thierse (SPD) die Rede. Der Bundestag unterbrach dafür seine reguläre Sitzung.
Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Berlin
Zuvor fand im Hotel Adlon der Eintrag ins Goldene Buch im Beisein der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) statt. Vor dem Gebäude warteten zahlreiche Menschen, um Charles III. zu sehen. Mehrere betonten, dass sie eher zufällig vorbeigekommen seien, nun aber gerne die Chance nutzen wollten, den König live zu sehen: «Weil es sein erster offizieller Auslandsbesuch als König ist. Er will die Beziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland verbessern, und das finde ich gut», sagte vor Ort eine Britin, die auf dem Weg zur Arbeit am Adlon angehalten hatte. «Ich bin kein großer Fan der Monarchie, aber das erscheint mir doch eine große Sache zu sein.»
Für Charles ist es die erste Auslandsreise in seiner neuen Rolle als König, die er nach dem Tod von Queen Elizabeth II. im September übernahm.
Am Mittwoch hatte das Königspaar nach seiner Ankunft in Berlin aber schon einige Begeisterung ausgelöst. Charles und Camilla wurden von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seiner Frau Elke Büdenbender am Brandenburger Tor mit militärischen Ehren begrüßt und von Schaulustigen bejubelt. Abends ehrte der Bundespräsident den Monarchen und seine Frau mit einem Staatsbankett mit 130 geladenen Gästen.
Nach der Rede im Bundestag besucht der Staatsgast gemeinsam mit Steinmeier das Ankunftszentrum für ukrainische Flüchtlinge am ehemaligen Flughafen Tegel. Damit endet der Besuch in der Hauptstadt.
Am späteren Nachmittag unternehmen König und Bundespräsident einen Abstecher nach Brandenburg, der sie nach Finowfurt nordöstlich von Berlin führt. Dort treffen sie Soldatinnen und Soldaten eines deutsch-britischen Pionierbataillons aus Minden. Dabei ist nicht nur ein Gespräch mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke geplant – es soll auch Action geben: Die Soldaten bauen die letzten Teile einer schwimmenden Brücke über die Havel-Oder-Wasserstraße zusammen und der britische König soll sie besteigen.
Besuch im Ökodorf
Weiter fährt Charles zum Ökodorf Brodowin, wo er sich unter anderem über die Fertigung einer bestimmten Käsesorte informieren möchte. Charles setzt sich seit Jahrzehnten für die biologisch-dynamische Landwirtschaft (demeter) ein. Bereits in den 1980er Jahren stellte er die Landwirtschaft auf seinem Landgut Highgrove in Gloucestershire auf Öko-Betrieb um.
Camilla und Büdenbender wollen zeitgleich ein Sozialprojekt in Berlin-Neukölln und die Komische Oper in Berlin-Mitte besuchen.
Politisch gilt der Besuch als bedeutsam, weil drei Jahre nach dem britischen EU-Austritt ein neues Kapitel der Beziehungen Großbritanniens zu Europa und Deutschland beginnen soll.
Zeichen der Annäherung
Als ein Zeichen der Wiederannäherung Großbritanniens an Deutschland nach der Brexit-Entfremdung – so sieht die Hälfte der Bundesbürger einer Umfrage zufolge den Besuch von König Charles III.. 50 Prozent der Befragten sehen dies laut einem repräsentativen Meinungsbild des Forschungsinstituts Yougov vom Mittwoch so, dabei stimmten 37 Prozent «eher» und 13 Prozent «voll und ganz» zu. Der Deutschland-Besuch ist Charles‘ erste Auslandsreise als neuer britischer König.
27 Prozent sind laut der Umfrage nicht der Ansicht, dass Charles‘ Besuch eine Wiederannäherung nach dem Brexit bedeutet (15 Prozent stimmen «eher nicht zu», 12 Prozent stimmen «überhaupt nicht zu»). 24 Prozent machten keine Angabe.