Das Foto zeigt das Deutsche Theater in München. Am Freitag wird dort «Die Zauberflöte» als Musical uraufgeführt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Felix Hörhager/dpa)

Die Arien aus der berühmten Oper «Die Zauberflöte» sind weltberühmt. Egal, ob der Vogelfänger Papageno sich «Ein Mädchen oder Weibchen» wünscht, Prinz Tamino vom Antlitz Paminas entzückt schwärmt oder die Königin der Nacht bis in höchste Höhen von «Der Hölle Rache» in ihrem Herzen singt – schon nach den ersten Noten können viele mitsingen. Nun gibt es eine Neuauflage. Mehr als 230 Jahre nach der Uraufführung in Wien hat am Freitagabend in München die märchenhafte Geschichte als Musical Premiere gefeiert – nicht mit der Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, sondern neu komponiert. Nach dem Auftakt am Deutschen Theater geht es ab 4. Mai ans Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen.

Komponist Frank Nimsgern hatte großen Respekt vor der Aufgabe und wollte sie lange nicht annehmen. Doch letztlich ließ er sich überzeugen, auch weil das Musical mit den Kompositionen des Salzburger Musikers (1756-1791) wenig zu tun hat. Es sei zu 95 Prozent neue Musik, sagte Nimsgern.

Zauberflöte von Rock bis Pop

Das Ergebnis ist ein bunter Strauß unterschiedlichster Stilrichtungen. Mal sind die Songs zu den Texten von Autorin Aino Laos rockig und wild, mal balladenhaft und poppig, dazwischen Latin-Klänge. Immer wieder gibt es Anleihen von berühmten Passagen der Oper. Die Arie der Königin der Nacht hat Nimsgern sogar fast eins zu eins übernommen, nur neu arrangiert. Musikalisch überzeugte bei der Premiere Katja Berg, die sich mit Misha Kovar in der Rolle ihrer Tochter Pamina an «Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen» in poppiger Version wagte, inklusive Koloraturen. Nicht nur für Berg und Kovar, auch für Patrick Stanke als Tamino, Christian Schöne als tief dröhnender Sarastro, Tim Wilhelm im Federgewand des Papageno oder Chris Murray als Monostatos gab es immer wieder Szenenapplaus. 

Insgesamt lässt das Stück jedoch den Mut zu etwas Eigenständigem, Modernem vermissen. Über weite Strecken hält sich die Inszenierung von Benjamin Sahler eng an das Libretto Emanuel Schikaneders zu Mozarts Musik. Dabei hätte es Vorbilder dafür gegeben, wie man sich von einem Meisterwerk löst, etwa Elton Johns gefeiertes Musical «Aida», das nur in Grundzügen auf Giuseppe Verdis Oper beruht. 

Frauen zwischen Unschuld und Sünde

Die neue Zauberflöte dagegen klebt am Original, ohne dessen Tiefe und Präzision zu erreichen, und wirkt aus der Zeit gefallen. Deutlich wird dies an zentralen Frauenfiguren. Die unschuldig-süße Pamina wird von einer dominanten Mutter beherrscht. Schicksalsergeben wartet sie im Tüll-Prinzessinnenkleid darauf, vom Prinzen Tamino aus Sarastros Gefängnis befreit zu werden. Tamino wird natürlich als Held gepriesen und bekommt von der Königin auch gleich noch die Hand ihrer Tochter versprochen, die eh nichts mitzureden hat, die Gattenwahl aber begeistert akzeptiert. Endlich ein Mann! Die 1950er-Jahre lassen grüßen.   

Papagena (Stefanie Gröning) macht es nicht besser. Sie darf Papageno im sexy Lederoutfit um den Finger wickeln. Frauen – entweder Unschuld oder Sünde. Dazwischen liegt allenfalls die Königin der Nacht, die von Rache getrieben kein Interesse daran hat, irgendeinem Mann zu gefallen. Ein Selbstbewusstsein, das der Tochter fehlt. Dabei hätte es spannend und amüsant sein können, einer starken Pamina dabei zuzusehen, wie sie die aufgeblasene Männerbande samt ihrer altväterlichen Herrenwitze mit Witz und Frechheit entlarvt.

Wer sich an eingestaubten Klischees nicht stört, kann drei Stunden leichte Unterhaltung genießen und ein aufwendiges, buntes Bühnenbild mit fantasievollen Kostümen genießen. Für Lacher sorgt vor allem Papagenos Sidekick, ein Kakadu, der Späße treibt und freche Kommentare einstreut. Auch die drei Feen zeigen sich respektlos. Mehr davon hätte dem Stück gutgetan.

Von Cordula Dieckmann, dpa

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