Nach dem Gruppen-Rekord genossen die deutschen U21-Nationalspieler ausgiebig die Umarmungen im Kreise von Familien und Freunden. Nach der perfekten EM-Vorrunde mit drei Siegen in drei Spielen startet die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes als Titelfavorit in das Viertelfinale, in dem es mit Startelf-Rückkehrer Nick Woltemade gegen Rekordeuropameister Italien geht. 

«Ich bin sehr zuversichtlich und freue mich auf das Spiel am Sonntag», sagte der angeschlagene Woltemade nach dem Training in Modra, wo die Autogramme der Jungfußballer bei den über 100 Zuschauern gefragt waren.

Trainer Antonio Di Salvo freute sich, dass der von einer Fußblessur gehandicapte Woltemade beim Training ebenso wieder dabei war wie der zuletzt kranke Torhüter Noah Atubolu. Beide werden am Sonntag (21.00 Uhr/Sat.1) gegen den fünfmaligen Europameister auch in der Startelf stehen.

«Ein Viertelfinalspiel gegen Italien ist natürlich etwas Besonderes für mich. Ich habe italienische Wurzeln. Meine Eltern sind ja irgendwann mal in den 70er Jahren nach Deutschland ausgewandert», sagte U21-Nationaltrainer Antonio Di Salvo. «Ich trage, darauf bin ich sehr stolz, die deutsche und italienische Kultur in mir. Ich empfinde das als ein Privileg für mich, dass ich viele Dinge vereinen kann – und deswegen freue ich mich logischerweise auf das Spiel.» 

 

Das schafften Neuer, Gnabry und Wirtz nicht

«Es wird auf Kleinigkeiten ankommen. Wir wollen definitiv ins Halbfinale», sagte Di Salvo und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: «Als erstes Ziel.» Zwar meisterten alle Top-Nationen den Sprung in die K.o.-Runde. Aber außer dem seit fast zwei Jahren unbesiegtem deutschen Team gelang das keinem Team ohne Punktverlust. So wie in der Slowakei dominierte Deutschland noch nie eine EM-Gruppe, selbst die Europameister um Manuel Neuer (2009), Serge Gnabry (2017) und Florian Wirtz (2021) nicht.

Nach Woltemade-Shows glänzt diesmal Knauff

Gleich nach dem Schlusspfiff beim 2:1 gegen England versammelte Di Salvo sein Team in einem großen Kreis zusammen: Die Gruppensieger schrien lauthals ihre Freude heraus und holten sich danach stolz die Extra-Portion Family & Friends ab, unzählige Erinnerungsfotos wurden in Nitra geknipst.

«Wir sind eine tolle Truppe und jetzt gilt es, daran anzuknüpfen und weiterzumachen», berichtete Di Salvo voller «Stolz» von der Botschaft an die Mannschaft um Ansgar Knauff, der das 1:0 selbst erzielte und das 2:0 des Mainzers Nelson Weiper vorbereitete.

Nach zwei Gala-Auftritten von Woltemade, der müde und angeschlagen die erbetene Pause vom Coach bekam, wurde nun der Frankfurter Knauff zum Spieler des Spiels gekürt. «Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind und jetzt gilt es, das ins Viertelfinale mitzunehmen und dann genauso weiterzumachen», sagte der Champions-League-Akteur. 

In einem Halbfinale wäre dann in Kosice nicht weit weg von der ukrainischen Grenze entfernt Dänemark oder Frankreich der Gegner. Das Endspiel findet am 28. Juni in Bratislava statt. 

Di Salvo: «Schön, Kopfschmerzen zu haben»

Bereit ist der Kader von Di Salvo – und das in voller Breite. Elf Wechsel nahm der 46-Jährige vor dem Duell mit England, gegen das es beim EM-Aus 2023 die letzte Niederlage gab, vor. Gewonnen wurde trotz der Komplett-Rotation. «Riesenkompliment», meinte Woltemade. Nur der dritte Torhüter Nahuel Noll (Fürth) kam bislang nicht zum Zug. 

«Es ist schön, Kopfschmerzen zu haben, weil man viele Spieler reinbringen kann. Das ist schöner als andersherum», sagte Di Salvo, dessen Vertrag vor der EM vorzeitig bis 2027 verlängert worden war. Der frühere Assistenzcoach von Erfolgscoach Stefan Kuntz hofft auf einen Triumph als Cheftrainer.

Dass Woltemade auf dem Weg zum Turnierstar freiwillig auf den nächsten großen Auftritt auf der Turnier-Bühne verzichtet hatte, wertete der Nationalcoach als positives Signal. «Da sieht man auch mal, wie die Mannschaft tickt, nicht nur Nick», sagte der 46-jährige Di Salvo. «Dass sie nicht im Vordergrund stehen möchten, sondern der Team-Erfolg ist das Wichtigste. Und das ist natürlich eine schöne Botschaft an den Trainer.»

Italien – ein gutes Omen?

Woltemade wird gegen Italien wieder auflaufen. Die gegen England krank fehlende Freiburger Nummer 1 Noah Atubolu wird wieder statt des Berliners Tjark Ernst zwischen den Pfosten stehen. «Es ist wichtig, dass wir vom Kopf jetzt auch wieder auf Null schalten, weil die neun Punkte aus der Gruppe bringen uns jetzt im Viertelfinale gar nichts», sagte Ernst nach der von 3,1 Millionen TV-Zuschauern in Deutschland gesehenen zweiten Hälfte. «Wenn jetzt noch drei Spiele zu spielen sind, wollen wir die drei Spiele auch ziehen.» 

Der nächste Gegner ist zumindest laut Statistik ein gutes Omen: Als es 2009 und 2017 bei der EM gegen Italien ging, wurde Deutschland am Ende Europameister. «Das ist schön zu wissen», sagte Ersatz-Kapitän Merlin Röhl und verspürte schon «riesige Vorfreude».