Etwas mehr als 20 Minuten – länger hielt Jannik Sinner in der Hitze von Cincinnati nicht durch. Völlig entkräftet und durchgeschwitzt hockte der Weltranglisten-Erste wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl und musste das mit großer Spannung erwartete Endspiel gegen den Spanier Carlos Alcaraz beim Stand von 0:5 aus seiner Sicht aufgeben.
Wenige Tage vor Beginn der US Open befindet sich der Australian-Open- und Wimbledon-Champion dieses Jahres in einem bedenklichen Fitness-Zustand. Wie schon zuvor Alexander Zverev stieß Sinner beim Masters-1000-Turnier an seine körperlichen Grenzen. Die völlig ausgeuferte Termin-Hatz im Tennis verlangt ihren Tribut.
Sinner entschuldigt sich
«Es tut mir super, super leid, euch enttäuschen zu müssen», sagte Sinner völlig konsterniert an die Zuschauer gerichtet, die für ihre teuren Tickets nur ein Mini-Endspiel zu sehen bekommen hatten. «Seit gestern habe ich mich nicht gut gefühlt. Ich dachte, dass es über Nacht besser wird, aber es ist schlechter geworden. Ich habe versucht, rauszugehen und zumindest ein kleines Match daraus zu machen, aber es ging nicht mehr.»
Während sich Alcaraz zusammen mit der Polin Iga Swiatek, die im Finale gegen die Italienerin Jasmine Paolini mit 7:5, 6:4 gewann, unmittelbar nach den beiden Endspielen per Flieger auf den Weg nach New York machte, muss Sinner erst einmal wieder zu Kräften kommen.
Ruhe, dann angreifen
Er habe jetzt ein paar Tage Zeit, um sich zu erholen, sagte der Weltranglisten-Erste mit Blick auf die am Sonntag beginnenden US Open. «Und dann gehen wir wieder an die Arbeit und werden hoffentlich bereit sein», sagte der Italiener über die kommenden Tage mit seinem Team.
Der neu strukturierte Mixed-Wettbewerb in Flushing Meadows dürfte so ohne Sinner über die Bühne gehen. Schon wenige Stunden nach seiner Aufgabe in Cincinnati sollte der Italiener am Dienstag bereits wieder mit der Tschechin Katerina Siniakova gegen Zverev und Belinda Bencic spielen – kaum vorstellbar angesichts der Bilder vom Montag (Ortszeit).
Alcaraz dominant
Im Finale war Alcaraz seinem angeschlagenen Gegner bei Temperaturen von über 30 Grad von Anfang an klar überlegen. Der Spanier nahm Sinner gleich das erste Aufschlagspiel zu null ab. Zwar gelangen dem Italiener hier und da ein paar stark herausgespielte Punkte. Schon früh wurde aber deutlich, dass sich die beiden aktuell besten Tennisspieler an diesem Tag nicht auf Augenhöhe begegneten.
«Das ist nicht die Art und Weise, wie ich Pokale gewinnen möchte», erklärte der 22 Jahre alte Alcaraz nach dem Kurzauftritt. «Ich hoffe, du bist schnell wieder fit», sagte er an Sinner gerichtet, gegen den er zuletzt im Finale von Wimbledon noch eine bittere Niederlage kassiert hatte. «Sorry, Jannik» schrieb Alcaraz nach der Partie auf die Linse der TV-Kamera.
Viele Fragezeichen vor US Open
Vor dem Beginn des letzten Grand-Slam-Turniers dieses Tennis-Jahres häufen sich so die Fragezeichen hinter den Topspielern. Schließlich hatte auch Zverev in Cincinnati mit großen körperlichen Problemen zu kämpfen und im Halbfinale gegen Alcaraz wie Sinner im Finale keinen ebenbürtigen Gegner abgeben können. Und Rekord-Grand-Slam-Champion Novak Djokovic hat seit seinem Halbfinal-Aus in Wimbledon gegen Sinner, bei dem er ebenfalls angeschlagen war, kein einziges Match mehr bestritten.