Wer im Urlaub digital entgiften will, findet auch dafür passende Reiseangebote. Allerdings ist Digital Detox häufig eher ein Teil des Gesamterlebnisses – was vor allem daran liegt, dass die Urlauber selbst doch nicht ganz loslassen wollen vom Smartphone.
«Der Wunsch, immer und überall mit seinen digitalen Endgeräten online sein zu können, ist weiter gestiegen und wird in den Wellnesshotels von den Gastgebern respektiert», sagt Lutz Hertel vom Deutschen Wellness Verband. Nach Einschätzung des Verbandes ist die Nachfrage nach Digital Detox in der Wellnesshotellerie in den vergangenen Jahren rückläufig.
Allenfalls gebe es vorsichtig formulierte Empfehlungen in Richtung der Gäste, Smartphone oder Laptop mal auszuschalten, so Hertel. «Wenige konfliktbereite Wellnessbetriebe schalten in den Nachtstunden das WLAN ab, Umgang mit Kritik von verständnislosen Gästen gehört dann zum Geschäft.»
Gesundheit wird eher ganzheitlich gedacht
Der Frankfurter Reiseveranstalter Fit Reisen ist auf Wellness und Gesundheit spezialisiert. Eine große Nachfrage konkret nach Digital Detox nimmt Geschäftsführerin Claudia Wagner nicht wahr: «Es kommen ab und an spezielle Anfragen dazu, aber nicht so häufig.»
Viele der Resorts im Angebot von Fit Reisen bieten ganzheitliche Gesundheitsprogramme an und beschäftigten sich auch mit dem Thema Digital Detox und seinen Auswirkungen, so Wagner. Teils ist WLAN dort zum Beispiel nur auf dem Zimmer oder in der Bibliothek verfügbar.
Digital Detox bedeute für die Mehrzahl nicht den kompletten Verzicht auf Handy und Internet, sondern vielmehr gezielte, selbstbestimmte Auszeiten, teilt eine Sprecherin von Tui Deutschland mit. Für Gäste, die bewusst abschalten möchten, biete man etwa Unterkünfte mitten in der Natur an – von luxuriösen Glamping-Zelten über Baumhäuser bis hin zu abgelegenen Lodges.
Was ist aus dem Handy-weg-Angebot geworden?
Der österreichische Veranstalter ASI Reisen hatte 2018 von sich reden gemacht mit dem Angebot, Gästen auf ausgewählten Reisen auf Wunsch die Handys wegzunehmen. Das gibt es nicht mehr, lässt Geschäftsführer Ambros Gasser auf Nachfrage wissen. Zu Beginn habe es ein gewisses Interesse gegeben – das sei aber abgeflacht und nach Corona auch nicht mehr gestiegen.
Lutz Hertel vom Wellness Verband sieht auch in Instagram, TikTok und Co. einen Grund dafür: «Der heute allgegenwärtigen Präsenz und Bedeutung der sozialen Medien hat die Idee Digital Detox kaum etwas entgegenzusetzen. Stattdessen belohnen Tester von Wellnesshotels längst deren Instagrammability mit extra Wertungspunkten.»
Digitale Entgiftung als Teil von Retreats
Also? Hertel sieht den «einzigen Lichtblick für eine von Gästen und Gastgebern gleichermaßen gewünschte Abstinenz von der Digital-Nadel» in Retreats, also mehrtägigen, thematisch fokussierten Rückzugsprogrammen. Die digitale Entgiftung sei dabei aber weniger das zentrale Thema, sondern Teil der sonstigen Spielregeln und Rahmenbedingungen – Selbstbesinnung geht eben nur ablenkungsfrei.