An manchen Tagen geht es einfach nicht. Dann spürt Eva Lys schon am Morgen an ihren schmerzenden Gelenken, dass Tennis keinen Sinn ergibt. Die 23-Jährige hat eine rheumatische Autoimmunerkrankung. Und ist dennoch eine der wenigen deutschen Hoffnungsträgerinnen bei den US Open, die für sie am Dienstag losgehen.

Immer mal wieder muss sie sich wegen ihrer Erkrankung schwierigen, entscheidende Fragen stellen. «Mache ich es schlimmer mit dem Sport, den ich heute machen werde? Und wenn die Antwort, ‚weiß ich nicht‘ ist, dann gehe ich wahrscheinlich nicht auf den Platz», schilderte die Australian-Open-Achtelfinalistin in New York ihre Überlegungen.

Die Hamburgerin hat gelernt, dass sie sich Pausen zur Erholung verordnen muss. Vor ihrer Reise nach New York kam es wieder einmal dazu. In Cleveland präsentierte sie sich in der vergangenen Woche in vielversprechender Form. Zwei Matches überstand die Nummer 59 der Welt, dann verzichtete sie als Vorsichtsmaßnahme auf ihr Viertelfinale. Die Gelenke am Rücken schmerzten. 

So pausierte sie lieber kurz, um keinen längeren Ausfall zu riskieren. «Ich musste das leider so hinnehmen, aber wehgetan hat es auf jeden Fall sehr», sagte Lys. «Aber Gesundheit geht vor.»

Historisches Rumpfaufgebot 

Nach «ein, zwei Tagen Pause» und Behandlungen zeigte sich Lys zuversichtlich, ihre US-Open-Auftaktpartie am Dienstag problemlos bestreiten zu können. In Flushing Meadows peilt Lys gegen die britische Qualifikantin Francesca Jones erst einmal ihren zweiten Zweitrunden-Einzug nach 2023 an. 

Lediglich sechs deutsche Teilnehmer – je drei Frauen und Männer – sind im Einzel vertreten und bilden ein historisch kleines Aufgebot. Geringer war die deutsche Teilnehmerzahl bei einem der Grand-Slam-Turniere zuletzt 1983.

Kann Lys an ihr Tennis-Märchen von Melbourne anknüpfen?

Lys war vor sieben Monaten bei den Australian Open mit ihrem mit Abstand besten Grand-Slam-Resultat ins Scheinwerferlicht gerückt. Als Lucky Loserin hatte sie nach der verpassten Qualifikation durch eine Absage einen Platz im Hauptfeld bekommen. Dann stürmte sie sensationell bis ins Achtelfinale, bekam den Spitznamen «Lucky Lys». Ex-Spielerin Andrea Petkovic ist auch deswegen von Lys begeistert, weil sie «eine richtige Rampensau» sei.

Das Medieninteresse an Lys stieg. Auch, weil die gebürtige Ukrainerin zu Themen abseits des Sports Rede und Antwort steht. Offen spricht sie auch über ihre Krankheit, die sie im vergangenen Jahr öffentlich gemacht hatte.

«Ich wollte den Leuten einfach zeigen, dass man mit so einer Krankheit trotzdem auf einem Toplevel spielen kann», sagte sie. Es gehe ihr dabei nicht um Mitleid oder eine Entschuldigung. «Ich glaube, alles ist möglich. Wenn man die richtige Medikation findet, die richtigen Leute um sich herum hat, dann kann man auch die Nummer eins der Welt werden. Also das schließt sich nicht aus.»

Symptome am Morgen 

Dass Spitzentennis mit einer Erkrankung möglich ist, beweist auch Alexander Zverev mit seiner Diabetes. Die Dänin Caroline Wozniacki, inzwischen dreifache Mutter, leidet ebenfalls an entzündeten Gelenken. Sie beschrieb ihre Probleme einmal so, dass sie ihre Arme nicht über den Kopf heben konnte, und es ihr mal schwerfiel, aus dem Bett zu kommen. 

«Die Morgensteifigkeit ist bei mir immer gegeben. Ich glaube, das ist auch so ein Ding der Krankheit», sagte Lys. «Ich merke es auch in den Matches während des Tages, aber bei mir ist es tatsächlich noch nie dazu gekommen, dass ich nicht aus dem Bett gekommen bin.»

In dieser Saison hat sich Lys körperlich stabilisiert und konnte mehr spielen als in den vergangenen Jahren. «Die Fehler, die ich vielleicht vor ein, zwei Jahren gemacht habe, die mache ich jetzt nicht mehr», sagte sie. Und so soll ihr die Entscheidung zum Verzicht in Cleveland für New York nun helfen.