Der Wahlausschuss des Bundestages hat die von der SPD nominierte Juristin Sigrid Emmenegger als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen erhielt Emmenegger bei einer Sitzung des Ausschusses die notwendige Zweidrittelmehrheit. Sie ist aktuell Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. 

Die Empfehlung des Ausschusses ist allerdings nur ein Schritt auf dem Weg zum höchsten deutschen Gericht in Karlsruhe. Am Donnerstag soll der Bundestag nach Plänen von Union und SPD über die Besetzung von drei Richterposten am Bundesverfassungsgericht abstimmen. Für die nötige Zweidrittelmehrheit braucht die Koalition dann Stimmen von Grünen und Linken, wenn sie nicht auf die AfD angewiesen sein will. 

Entscheidung im Ausschuss nur über neue Kandidatin 

Bereits vor der parlamentarischen Sommerpause hatte der Richterwahlausschuss die Kandidaturen von Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner gebilligt. Die Juraprofessorin Kaufhold war von der SPD vorgeschlagen worden, Spinner von der Union und von allen aktuellen Verfassungsrichtern. 

Wegen massiven Widerstands in der Unionsfraktion gegen die ursprünglich neben Kaufhold von der SPD vorgeschlagene Juraprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf waren die geplanten Abstimmungen über die drei Vorschläge für das Bundesverfassungsgericht im Juli kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestages genommen worden. 

Was sagt die Opposition?

Der Grünen-Vorsitzende, Felix Banaszak, hat Emmenegger als «gute, respektable Kandidatin» bezeichnet. Auch von der Linksfraktion im Bundestag war über diese Kandidatin kein schlechtes Wort zu hören. Kritisiert wurde von Politikerinnen und Politikern der Linkspartei jedoch, dass die Union mit ihnen nicht das Gespräch über die Kandidatur von Spinner gesucht habe. 

Fraktionschefin Heidi Reichinnek sagte, jeder Abgeordnete der Linksfraktion könne bei der Wahl am Donnerstag selbst entscheiden. Die CDU hat einen Parteitagsbeschluss, der «Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland» ausschließt. 

Der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende, Stephan Brandner, nannte Emmenegger vor der Sitzung «eine unproblematische Personalie». Gleichzeitig sagte er, Kaufhold sei aus seiner Sicht für den Posten ungeeignet. 

Nach der Sitzung des Ausschusses am Abend sagte Brandner, man habe Emmenegger nun intensiv befragt und sei zu dem Schluss gekommen, «dass wir unseren Abgeordneten nicht empfehlen können, sie zu wählen».

CSU-Landesgruppenchef zuversichtlich 

CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann zeigte sich mit Blick auf die Abstimmung im Plenum optimistisch. «Mit der Nominierung von Frau Emmenegger ist das Kandidatenpaket von CDU/CSU und SPD für das höchste deutsche Gericht komplett. Wir werben jetzt um breite Zustimmung aus der Mitte des Parlaments heraus und ich bin zuversichtlich, dass dieses Kandidatenpaket am Donnerstag die notwendige Zweidrittelmehrheit erreichen wird», sagte er am Abend der Deutschen Presse-Agentur. «Damit senden wir das klare Signal: Der Bundestag hat die Kraft, das Bundesverfassungsgericht zu schützen und personell zu stärken.»

Linke kritisiert Vorgehensweise der Union

Clara Bünger (Linke), die dem Wahlausschuss angehört, sagte der dpa mit Blick auf die Äußerung des CSU-Landesgruppenchefs: «Ein klares Signal wäre, wenn die Union endlich ausschließt, ihre Kandidaten notfalls mit Stimmen der AfD durchzusetzen.» Stattdessen habe man «Chaos und beschädigtes Vertrauen» erlebt. Wer das Bundesverfassungsgericht stärken wolle, müsse sich von Hetzkampagnen, wie man sie gegen Brosius-Gersdorf erlebt habe, distanzieren.