Die Bundesregierung nimmt einen neuen Anlauf für ein Sportfördergesetz und will bei der geplanten Spitzensportagentur den Einfluss des organisierten Sports deutlich stärker begrenzen. «Uns ist allen sehr bewusst, dass unsere Änderungen im Gesetzentwurf zu intensiven Diskussionen – auch im organisierten Sport – führen werden. Mir ist die Klarheit in der Rollenverteilung der Gremien aber sehr wichtig», sagte Sport-Staatsministerin Christiane Schenderlein (CDU) zum nun vorliegenden Gesetzentwurf aus dem Kanzleramt.

Die Ampel-Koalition hatte ein Reformpaket zur künftigen Verteilung der Sportfördermillionen im vergangenen November beschlossen, war kurz darauf aber zerbrochen. Nun legt die neue Bundesregierung einen eigenen Vorschlag vor, der vor allem beim zentralen Steuerungsinstrument in Form einer unabhängigen Spitzensportagentur den Vertretern des Sports weniger Mitsprache gewährt.

Stiftungsrat wird verschlankt

So soll der Rat der als Stiftung angelegten Agentur in seinen Kompetenzen beschränkt werden und statt 18 Mitglieder nur noch 5 haben. Davon werden zwei aus dem Bundestag, eines aus dem Kanzleramt und eines aus den Reihen der Länder-Sportminister entsandt. Nur ein Mitglied soll künftig noch der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) stellen, dieses kann durch die Vertreter der Politik überstimmt werden. Den Vorsitz des Stiftungsrats übernimmt das Mitglied aus dem Kanzleramt.

Der 20-köpfige Sportfachbeirat als weiteres Gremium der Agentur soll dem hauptamtlich eingesetzten Vorstand anders als in früheren Gesetzentwürfen keine Vorgaben mehr machen können, sondern nur noch eine beratende Rolle einnehmen. Im Beirat sollen vor allem Vertreter des organisierten Sports versammelt werden. Das Tagesgeschäft übernimmt ein zweiköpfiger Vorstand, der vom Stiftungsrat berufen wird und über die Vergabe der Fördermittel entscheidet.

«Wir brauchen einen starken und unabhängigen Vorstand. Der Vorstand kann auch nicht Diener zweier Herren – das heißt Stiftungsrat und Sportfachbeirat gleichermaßen „weisungsunterworfen“ – sein», erklärte Schenderlein.

DOSB will Entwurf prüfen, Athletenvereinigung zwiegespalten

Dem DOSB sei der Entwurf erst am Donnerstagnachmittag um 14.15 Uhr zugegangen, teilte die Dachorganisation mit. «Wir werden erst eine Kommentierung vornehmen, wenn wir ausreichend Zeit hatten, ihn sorgfältig zu prüfen und inhaltlich zu bewerten», hieß es in einer Stellungnahme.

Die Vereinigung Athleten Deutschland äußerte sich zwiegespalten. «Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesregierung die Führung übernimmt und den Reformprozess auf die politische Spur zurückbringt», sagte Geschäftsführer Johannes Herber. Er fordert aber mehr Mitsprache der Athletinnen und Athleten. In dem Sportfachbeirat sollen sie nur mit einer Stimme vertreten sein. «Damit bleibt die Perspektive jener außen vor, die unmittelbar von den Entscheidungen der neuen Agentur betroffen sein werden.»

Olympia-Bewerbung als Treiber für Reform

Der DOSB hatte unter der Ampel-Koalition die Einrichtung einer unabhängigen Sportagentur unterstützt, bei den damaligen Gesetzentwürfen aber einen zu großen Einfluss der Politik auf die Agentur kritisiert. Durch die mäßige Medaillen-Ausbeute des deutschen Teams bei den Olympischen Spielen in Paris und die Bemühungen um eine deutsche Olympia-Bewerbung hatte die Diskussion um eine Reform der Sportförderung wieder Fahrt aufgenommen. 

In diesem Jahr stellt die Bundesregierung 333 Millionen Euro für den Sport bereit, in den kommenden Jahren soll es noch mehr werden. Ziel des neuen Gesetzes ist es, dass Deutschlands Athletinnen und Athleten unter den besten Fünf der Nationenwertung bei Sommerspielen und den besten Drei bei Winterspielen landen. «Ich will die Reformbestrebungen jetzt zu einem guten Abschluss bringen», sagte Schenderlein.

Im Dezember soll das Gesetz vom Kabinett beschlossen werden, bis zum Juli des kommenden Jahres soll es nach Beratungen im Bundestag in Kraft treten. Ab 2027 soll die Spitzensportagentur ihre Arbeit aufnehmen und zunächst über die Verteilung der Mittel für den Sommersport ab dem Jahr 2029 entscheiden. Bis Ende 2030 soll die Agentur alle ihr zugedachten Aufgaben übernommen haben «und in den Regelbetrieb übergehen», heißt es im Gesetzentwurf.