Die frühere US-Botschafterin in Deutschland, Amy Gutmann, und der israelische Physiker Daniel Zajfman sind mit dem Preis für Verständigung und Toleranz ausgezeichnet worden. Das Jüdische Museum in Berlin vergibt ihn seit 2002 jährlich an Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wirtschaft, die sich besonders um die Förderung der Menschenwürde, der Völkerverständigung, der Integration von Minderheiten und des Zusammenlebens unterschiedlicher Religionen und Kulturen verdient gemacht haben.
Gutmann war von 2022 bis 2024 US-Botschafterin in Berlin. Davor leitete sie unter anderem die University of Pennsylvania. Heute lehrt sie in den USA wieder an der Hochschule. Ihr Vater Kurt Gutmann war 1934 aus Deutschland vor den Nationalsozialisten geflohen.
Zajfman ist Nachkomme von Holocaust-Überlebenden. Er wurde in Brüssel geboren und wanderte nach Israel aus. Der Physiker leitete bis 2019 als Präsident das Weizmann Institute of Science. Er ist eng mit der deutschen Max-Planck-Gesellschaft verbunden.
Merz sagt konsequenten Kampf gegen Antisemitismus zu
Bei der Preisverleihung sagte Bundeskanzler Friedrich Merz den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland gegen zunehmende Anfeindungen und Übergriffe zu. «Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Antisemitismus mit all seinen neuen und alten Gesichtern konsequent zu bekämpfen», sagte der CDU-Vorsitzende. Es müsse aber in alle Ebenen der Gesellschaft hinein klar sein, dass der Kampf gegen Antisemitismus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für alle sei.
Deutschland werde auch Israel beistehen, «dessen Existenzrecht nach wie vor immer lauter auch auf deutschen Straßen infrage gestellt wird», versicherte Merz.
Gutmanns Berufung zur Botschafterin ein «Glücksfall»
Gutmann habe eine glänzende internationale Karriere als Wissenschaftlerin, Autorin, Diplomatin und Beraterin in zahlreichen Gremien gemacht und sei Professorin in Princeton und Pennsylvania gewesen, sagte die Direktorin des Jüdischen Museums, Hetty Berg. Viele Menschen erinnerten sich aber an sie vor allem als US-Botschafterin in Berlin. «Für viele Deutsche ist sie das Gesicht einer Epoche, in der noch Verlässlichkeit und Vertrauen die transatlantischen Beziehungen prägten.»
Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, nannte Gutmanns Berufung zur Botschafterin in seiner Laudatio einen «großen Glücksfall für unser Land und seine Menschen».
Zajfman sei «nicht nur ein visionärer Forscher, sondern zeit seines Lebens auch ein Wanderer und Vermittler zwischen dem Nahen Osten und Deutschland», sagte Berg. «Er ist in beiden Welten zu Hause und hat unzählige Kooperationen gestiftet.» Sein Forschungsschwerpunkt sei die Reaktionsdynamik kleiner Moleküle und deren Einfluss auf die Beschaffenheit des Weltraums.
Stimme gemeinsam gegen Hass und Gewalt erheben
Gutmann zitierte in ihrer Dankesrede das Sprichwort «Reden ist Silber. Schweigen ist Gold.» Schweigen sei nicht Gold, betonte sie angesichts des Erstarkens von Antisemitismus, Hass und Gewalt: «Unsere Freiheit und unsere Demokratien hängen davon ab, dass Menschen ihre Stimme erheben und zusammen Hass und Grausamkeit bekämpfen. Toleranz und Verständnis allein funktionieren nicht.»
Zajfman rief Israelis und Palästinenser nach dem Gaza-Krieg zum Dialog auf. Miteinander zu reden, bedeute nicht, zu vergessen oder zu entschuldigen. «Es bedeutet, die Möglichkeit einer anderen Zukunft nicht aufzugeben.» Zajfman mahnte: «Wahrer Frieden wird nicht von Generälen verkündet oder nur auf Papier unterzeichnet. Er entsteht langsam in Herzen und Köpfen, wenn Menschen sich entscheiden, einander wieder als Menschen zu sehen.»
Prominente Riege bisheriger Preisträger
Unter den früheren Preisträgern des Jüdischen Museums sind der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau, Altkanzlerin Angela Merkel, die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright, der Pianist Igor Levit, der Dirigent Daniel Barenboim, Schauspielerin Iris Berben und Autorin Herta Müller.
