Eine der umstrittensten Regeländerungen im Sport tritt zum 1. Januar in Kraft. Trotz des Widerstands mehrerer nationaler Verbände hat die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI) den Artikel 241.3.30. bei den Springreitern geändert, den alle nur «Blut-Regel» nennen. In den kommenden Monaten wird von den Stewards und Tierärzten, aber auch von Tierschützern noch genauer hingeschaut.

Bisher war es ganz einfach: Blutet ein Springpferd vor oder während eines Wettkampfes, folgt das automatische Ausscheiden. Das ist nun im neuen Jahr anders. Bei Dressurprüfungen gilt hingegen weiterhin die strenge Regelauslegung. 

Bundestrainer Otto Becker rät zu Gelassenheit. «Das ist jetzt so beschlossen, schauen wir, wie es funktioniert», sagte der langjährige Weltklasse-Springreiter. «Wir müssen jetzt den Stewards und Tierärzten eine Chance geben, das sind ja erfahrene Leute.»

«Blut hat im Pferdesport nichts zu suchen» 

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung hatte sich gemeinsam mit anderen vorwiegend europäischen Verbänden gegen die Abschwächung der Regel ausgesprochen, konnte sich aber nicht durchsetzten. «Ich halte das für einen klaren Fehler», sagte FN-Präsident Martin Richenhagen zur Regeländerung. «Blut hat im Pferdesport nichts zu suchen.» 

Jetzt aber gilt: Von Januar an können leicht blutende Pferde starten, wenn sie eine tierärztliche Untersuchung bestanden haben. Neu ist anstelle des Ausscheidens die Verwarnung, «die immer dann ausgesprochen wird, wenn Blut am Pferd festgestellt wird, das durch Ausrüstung oder durch Einwirkung des Athleten oder der Athletin entstanden ist», wie es in einer Erklärung der unzufriedenen Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) heißt. 

«Dies gilt für jeden Zeitpunkt während der Prüfung, einschließlich der Vorbereitung und der Kontrollen im Anschluss.» Erhält ein Reiter innerhalb von zwölf Monaten zwei dieser Warnungen, folgt laut des Artikels 259 des nun gültigen Reglements automatisch eine einmonatige Sperre. Dazu gibt es eine Geldstrafe von 1.000 Schweizer Franken. 

Verletzungen können durch Sporen entstehen

In anderen Fällen, in denen Blut am Pferd sichtbar ist, dies jedoch nicht durch Ausrüstung oder Reiter verursacht wurde, kann die zuständige Ground Jury die Starterlaubnis erteilen oder auf die spätere Elimination verzichten. Das gilt etwa, wenn sich ein Pferd auf die Zunge oder Lippe beißt. In diesen Fällen werde keine Verwarnung ausgesprochen. «Voraussetzung dafür ist jedoch immer, dass das Pferd als wettbewerbsfähig beurteilt wird», heißt es. Verletzungen können beispielsweise durch den Einsatz von Sporen entstehen.

Richenhagen betonte: «Manche sagen, es ist nur ein kleiner Kratzer. Ich sage: Pragmatismus hört dort auf, wo es um Tierwohl geht. Wir müssen zeigen, dass sportlicher Erfolg und pferdegerechtes Handeln zusammenpassen. Das ist unsere Verantwortung – gegenüber den Pferden, aber auch gegenüber der Gesellschaft.»

 «Bilder von Pferden mit Blut löst Empörung aus»

Das Thema stehe «sinnbildlich für unseren Umgang mit dem Pferd. Wenn ein Pferd durch den Reiter verursacht blutet, kann es nicht weiter am Wettbewerb teilnehmen. Das ist eine Frage des Respekts und der Verantwortung.» Richenhagen weiß, dass der Pferdesport zunehmend unter Beobachtung steht, vor allem bei Tierschützern.

«Menschen, die den Pferdesport nicht kennen, sehen Bilder von Pferden mit Blut – und das löst Empörung aus. Und das zu Recht», sagte der Präsident. «Wir wollen Pferdesport mit gesunden, glücklichen Pferden zeigen – nicht mit Pferden, die offensichtlich verletzt sind.»

Ist die neue Regel sogar strenger?

Die meisten Topreiter sehen das anders. Zufrieden sind sie aber auch nicht. Der International Jumping Riders Club (IJRC) schrieb, er habe sich «nie für mildere Sanktionen bei Blut ausgesprochen und ist der Ansicht, dass die neue Regel sogar strenger ist». Die Änderung mit der Sperre nach zwei Verwarnungen sei «eine viel schwerwiegendere Sanktion für einen Springreiter» als die Disqualifikation bei einer einzelnen Prüfung. 

Außerdem: «Es ist wichtig zu betonen, dass Blutfälle im Springreiten nur sehr selten vorkommen. Bis Oktober gab es von 340.000 Starts in FEI-Springwettbewerben im Jahr 2025 nur bei 0,029 % der Starts einen Blutfall.»