Nach dem enttäuschenden Saisonstart versuchte sich der Sportdirektor des deutschen Biathlon-Teams in Zweckoptimismus. Von einem kompletten Fehlstart wollte Felix Bitterling nicht reden, auch wenn die Bilanz von Östersund ernüchternd war. Während die Frauen ausgerechnet im Olympia-Winter den schlechtesten Saisonstart seit sechs Jahren hingelegten, blieben die Männer erstmals seit der Saison 2021/22 ohne Podium.
«Wir haben viel Solides gesehen, worauf man aufbauen kann und zeigt, dass wir im Sommer nicht alles falsch gemacht haben», sagte Bitterling im ZDF. Das Motto sei, sich konstant zu steigern. Auffällig war, dass das gesamte Team beide Teildisziplinen noch nicht zusammen bekam. «Vor allem im krassen Männerfeld ist das nötig für absolute Spitzenplatzierungen. Das ist auch unser Anspruch und Ziel», erklärte Bitterling.
Bei den Frauen sind nur zwei Top-Ten-Plätze und erstmals seit 2019 kein einziges Podium das enttäuschende Fazit. Zumindest sorgten in der Verfolgung Vanessa Voigt als Zehnte und Janina Hettich-Walz als 15. beim Sieg der Österreicherin Lisa Theresa Hauser mit Verbesserungen um 22 Plätze und der halben Olympia-Norm für einen halbwegs versöhnlichen Weltcup-Abschluss in Schweden. Bei den Männern sicherte sich Philipp Nawrath als 13. des Jagdrennens nach Philipp Horn zumindest die Olympia-Norm.
Noch viel Luft nach oben
«Es ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Wir sind noch nicht ganz bei 100 Prozent und noch nicht ganz zufrieden. Aber wir sind in Schlagdistanz und hoffen, dass wir den Aufschwung Richtung Hochfilzen mitnehmen können», sagte Frauen-Bundestrainer Kristian Mehringer mit Blick auf die nächsten Rennen ab Freitag in Österreich.
Platz elf in der Staffel und Rang 17 von Hettich-Walz im Einzel stehen ebenso in der Bilanz wie Rang acht im Sprint durch Youngster Julia Tannheimer, die auch schon die Olympia-Norm hat.
Bis Olympia ist noch Zeit
Das Positive: In Panik muss noch keiner verfallen, denn bis zum ersten Olympia-Rennen im italienischen Antholz sind es noch zwei Monate – und genau dann ist die Topform gefragt. Klar ist aber auch: Ein guter Einstieg schafft Selbstvertrauen und war auch ganz klar anvisiert worden. «Noch kann man tief durchatmen. Aber die Zeit rückt näher und dann wird die Luft auch dünner», sagte Olympiasiegerin und ZDF-Expertin Denise Herrmann-Wick.
Vor allem Franziska Preuß muss ihren verkorksten Saisonstart schnell abhaken. Die Weltcupgesamtsiegerin der Vorsaison ließ leicht angeschlagen den Sprint und damit auch das Jagdrennen aus, um mit Blick auf das Ziel Olympia-Medaille im Februar nichts zu riskieren. Zuvor hatte sie mit Platz 29 im Einzel und einer Strafrunde in der Staffel ungewohnte Schwächen gezeigt.
Sie hofft am Freitag beim Sprint im Pillerseetal auf ein besseres Ergebnis – ebenso wie Selina Grotian (21), die wegen Infektsymptomen auf die Verfolgung in Mittelschweden kurzfristig verzichten musste.
Männer sind dran und kommen doch (noch) nicht ran
Bei den Männern ist Horn läuferisch in der Weltspitze dabei, bei den anderen gibt es noch viel Luft nach oben. Die Schießergebnisse waren unter dem neuen Bundestrainer Tobias Reiter bis zum Jagdrennen stabiler, dort schossen seine Schützlinge beim Sieg des Franzosen Quentin Fillon Maillet dann aber 15 Fahrkarten. Fakt ist Stand jetzt: Um unter die top Sechs zu kommen, müssen die anderen Fehler machen. Und danach sieht es derzeit nicht aus.
