Ein schwieriger Platz, die besten Golfer der Welt, ungehobelte New Yorker Fans und dazu der besondere Druck: Der 45. Ryder Cup am kommenden Wochenende, dieses Mal vor den Toren der US-Metropole, verspricht allerbeste Unterhaltung auf gleich mehreren Ebenen. «Ganz im Ernst, ich glaube, das wird das größte Golf-Event, das es jemals gegeben hat», sagte Justin Thomas vom Team USA. Nach der deutlichen Niederlage vor zwei Jahren in Rom gegen Team Europa lechzen die Gastgeber nach einer Revanche. Selbst US-Präsident Donald Trump will am ersten Tag vorbeischauen und sich das Spektakel am Freitag live ansehen.
McIlroy: Auswärtssieg im Ryder Cup ist verdammt schwer
Bei keiner anderen Veranstaltung gehen Golfer so aus sich heraus. Als Team anzutreten, kitzelt viele Emotionen aus den Sportlern heraus – dazu kommt die normalerweise sehr parteiische Stimmung zugunsten der Heimmannschaft. Ein beliebter Satz in den Vorberichten der US-Medien vor dem Spektakel stammt von Rory McIlroy, ausgesprochen nach dem Sieg vor zwei Jahren in Rom: «Ich denke, eine der größten Leistungen im Golf ist es derzeit, auswärts einen Ryder Cup zu gewinnen.»
Der Nordire, derzeit die Nummer zwei der Golf-Weltrangliste hinter dem US-Amerikaner Scottie Scheffler, muss es wissen. Er war dabei, als Team Europa vor 13 Jahren der bislang letzte Auswärtssieg in der Ryder-Cup-Geschichte gelang. Das sensationelle Comeback vor den Toren Chicagos, mit dem Deutschen Martin Kaymer in einer Hauptrolle, gilt in Golf-Kreisen seither als «Wunder von Medinah». Seither gab es stets deutliche Erfolge für die Gastgeber.
In Schottland gab es einen Fünf-Punkte-Vorsprung für Europa, in Minnesota danach sechs Punkte für die USA. In Frankreich gewann Europa mit sieben Punkten Vorsprung, in Wisconsin holten die USA ein 19:9 und vor zwei Jahren in Rom gab es schließlich ein 16,5:11,5 für Europa. Die geschlagenen US-Stars Scheffler und Brooks Koepka mussten auf der Bahn Tränen der Enttäuschung zurückhalten. Scheffler und Koepka sind auch dieses Jahr Teil des 12-Mann-Teams aus den USA und voller Motivation. «Wir haben drei Tage, um zu sehen, wer das bessere Team ist – das wird eine gute Schlacht», sagte Scheffler.
Bethpage ist ein öffentlicher Golfplatz
Die Vorfreude ist besonders groß wegen des Austragungsortes auf Long Island. Der «Bethpage Black Course» gilt als bester öffentlicher Golfplatz der USA. Laut Medienberichten übernachten New Yorker auf dem Parkplatz im Auto, um sich anzustellen und dort für vergleichsweise kleines Geld spielen zu können. Leute aus der Gegend zahlen lediglich 70 US-Dollar für eine Runde, kein Vergleich mit den horrenden Gebühren für Golf-Clubs anderswo.
Fürs Wochenende werden nun grob 50.000 Zuschauer auf der Anlage erwartet, die überwiegend Team USA anfeuern werden. Im Gegensatz zur vorigen Auflage in den USA, als wegen der Corona-Pandemie keine Fans aus Europa dabei sein durften, wird es zwar dieses Mal auch Unterstützung für das Team um McIlroy, Justin Rose und Jon Rahm geben – Illusionen über die Atmosphäre macht sich aber niemand.
«Ich glaube, wir sprechen über den Ryder Cup in Bethpage seit wahrscheinlich zehn Jahren jetzt, die Vorfreude, wie es sein wird, wie intensiv es wird», erzählte der Engländer Rose zuletzt. «New Yorker sind verrückt, und ich glaube, sie werden fast schon zu Karikaturen ihrer selbst. Ich denke, die haben das Gefühl, ihrem Ruf gerecht werden zu müssen – ich erwarte also wirklich das absolute Chaos.»
Nur eine Veränderung in Europas Team
Kapitän Luke Donald hat mit einer Ausnahme die gleichen zwölf Profis nominiert wie in Rom, einzig Rasmus Höjgaard aus Dänemark ersetzt seinen Zwillingsbruder Nicolai. «Obwohl wir große Kontinuität haben, ist das eine andere Hausnummer», sagte Donald. «Wir sind uns bewusst, wie schwierig es wird.» An Selbstbewusstsein mangelt es den Europäern deswegen allerdings noch lange nicht. Denn schon McIlroy hatte nach seiner Einschätzung über die Schwierigkeit, den Ryder Cup auswärts zu gewinnen, noch einen Satz hinzugefügt: «Genau das werden wir in Bethpage machen.»