Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen saßen einträchtig nebeneinander, als sie das Ende des monatelangen Zollstreits verkündeten. «Es ist ein riesiger Deal mit vielen Ländern», sagte Trump im großen Saal seines schottischen Golfresorts. «Ich glaube, das ist der größte Deal, der jemals gemacht wurde.» Die Mitarbeiter beider Seiten applaudierten.
Das bedeutet die Einigung, die Europa und die USA laut Trump «näher zusammenbringen» wird:
Worauf haben sich die EU und die USA geeinigt?
Die zum 1. August angedrohten Zölle in Höhe von 30 Prozent auf die Einfuhr europäischer Produkte sind abgewendet. Stattdessen soll es einen Basiszollsatz in Höhe von 15 Prozent auf die meisten Produkte geben. Das gilt laut von der Leyen auch für die Autos, Halbleiter und Pharmaprodukte. Die Einigung schaffe einen Rahmen für die zukünftige Senkung der Zölle auf weitere Produkte.
Gab es weitere Zugeständnisse von EU-Seite?
Die EU sichert nach Angaben von Trump zu, Energie im Wert von 750 Milliarden US-Dollar zu kaufen und zusätzlich 600 Milliarden US-Dollar in die USA zu investieren. Auch mehr Rüstungsgeschäfte soll es geben. Laut von der Leyen soll es beidseitige Nullzölle für eine Reihe strategischer Produkte geben, darunter unter anderem Flugzeuge und Flugzeugteile, bestimmte Chemikalien sowie bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse.
Warum hat die EU den Deal akzeptiert?
Wäre es zu keiner Einigung gekommen, hätten weitere US-Zölle gedroht. Die EU wollte eine Eskalation verhindern, da dies den Handel und Arbeitsplätze bedroht hätte. Hinzu kam die Sorge, Trump könne im Fall eines verschärften Konflikts neue Drohkulissen aufbauen, beispielsweise indem er erneut die militärische Beistandspflicht innerhalb der Nato infrage stellt oder die Unterstützung für die Ukraine zurückfährt – beides sind äußerst sensible Themen angesichts der Bedrohungen durch Russland.
Wenn die Europäer im Bereich der Verteidigung nicht so abhängig von den USA wären, hätten sie den Deal vielleicht nicht akzeptiert. Wirtschaftlich ist die EU nämlich mit etwa 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern in 27 Ländern eine echte Marktmacht, die den Vereinigten Staaten in einem Handelskonflikt schwer zusetzen könnte.
Welche Zölle hatte Trump bereits verhängt?
Neben einem Basiszollsatz in Höhe von zehn Prozent hatte die US-Regierung unter Trump unter anderem auf den Import von Autos und Autoteilen Extrazölle in Höhe von 25 Prozent eingeführt, sodass der Zollsatz zuletzt vor dem Deal bei 27,5 Prozent lag. Die jetzt gültigen 15 Prozent seien das Beste, das zu erreichen gewesen sei, sagte von der Leyen. Bei Stahl- und Aluminiumprodukten bleibt der Zollsatz laut Trump bei 50 Prozent. Nach Angaben aus EU-Kreisen sollen aber bestimmte Mengen ausgenommen werden, wie es bereits vor Trumps Amtsantritt der Fall gewesen war.
Was gewinnt Trump?
Dass Trump den Basiszollsatz in Höhe von 15 Prozent aufrechterhalten kann, dürfte Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe in die US-Staatskasse spülen. Nach EU-Angaben lag der durchschnittliche US-Zollsatz auf Importe aus der EU in der Praxis vor dem Amtsantritt Trumps bei lediglich etwa 1 Prozent und damit ebenso niedrig wie der Zollsatz der EU auf US-Importe – zumindest dann, wenn man nur den tatsächlichen Warenhandel zwischen der EU und den USA zugrunde legt.
Im Jahr 2023 erhoben die USA demnach Zölle in Höhe von rund sieben Milliarden Euro auf EU-Exporte, und die EU erhob Zölle in Höhe von rund drei Milliarden Euro auf US-Exporte.
Wie steht Deutschland zu dem Deal?
Deutschland drängte frühzeitig auf eine Einigung. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte zuletzt: «Hier geht es nicht um ein fein ziseliertes, in allen Details ausverhandeltes, umfassendes Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Hier geht es jetzt um die schnelle Beilegung eines Zollstreits.» Er verwies unter anderem auf die hohen Zölle, die Trump schon für den Import von Autos und Autoteilen in die USA eingeführt hatte.
Was bedeutet die Einigung für die deutsche Wirtschaft und Verbraucher?
Das wird sich vermutlich erst in den nächsten Monaten genau zeigen. Gut ist, dass sich die Ungewissheit ein Stück weit reduziert. Schlecht ist, dass ein Teil der US-Zölle aufrechterhalten bleibt. Zölle machen Produkte in der Regel teurer und bremsen damit den Handel. Denkbar ist deswegen weiterhin, dass deutsche Unternehmen Geschäft in den USA verlieren und Arbeitsplätze abbauen müssen.
Wie hätte die EU im Falle einer Eskalation reagiert?
Die EU-Kommission hatte mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Dazu zählten Zölle auf US-Produkte wie Flugzeuge, Motorräder, Rindfleisch, Whiskey und Zitrusfrüchte. Zudem wurden Exportbeschränkungen für bestimmte Güter wie Stahlschrott oder chemische Erzeugnisse sowie eine Umsatzabgabe für US-Tech-Konzerne in Erwägung gezogen.
Wie rechtfertigte Trump seinen Zollkurs?
Trump argumentierte mit einem angeblichen Handelsungleichgewicht zwischen den USA und der EU. Zudem wollte er mit seinem Kurs unter dem Motto «America First» industrielle Produktion zurück in die USA holen. Die zusätzlichen Zolleinnahmen sollten außerdem helfen, seine umfangreichen Steuersenkungen gegenzufinanzieren.
Wie beurteilt die EU Trumps Zölle?
Die Europäische Kommission hält die neuen US-Zölle grundlegend für ungerechtfertigt. Ihrer Ansicht nach verstoßen sie auch klar und eklatant gegen grundlegende Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).
Ist der Deal dauerhaft oder nur eine Übergangslösung?
Unmittelbar vor dem Spitzengespräch hatte Trump gesagt, mit einem Deal würde der Zollstreit beendet werden. Er gehe davon aus, dass es in einem solchen Fall mindestens einige Jahre dauern würde, bevor wieder Gespräche darüber nötig seien.
Um was für ein Handelsvolumen geht es?
Nach Angaben der EU haben die Europäische Union und die Vereinigten Staaten die umfassendsten bilateralen Handels‑ und Investitionsbeziehungen der Welt und die am engsten miteinander verzahnten Volkswirtschaften. Zusammen machen sie demnach fast 30 Prozent des weltweiten Handels mit Waren und Dienstleistungen und 43 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung aus. Im Jahr 2024 belief sich der transatlantische Handel mit Waren und Dienstleistungen nach EU-Zahlen auf mehr als 1,68 Billionen Euro. Die EU und die USA waren jeweils füreinander der wichtigste Warenhandelspartner.
Haben die USA wirklich ein deutliches Handelsdefizit?
Im Warenhandel mit den USA verbuchte die EU 2024 nach jüngsten Zahlen des Statistikamts Eurostat einen deutlichen Überschuss in Höhe von rund 198 Milliarden Euro. So wurden im Jahr 2024 Waren im Wert von etwa 533 Milliarden Euro in die Vereinigten Staaten ausgeführt und nur Waren im Wert von rund 335 Milliarden Euro aus den USA importiert.
Im Dienstleistungsbereich hat die EU hingegen ein Handelsdefizit mit den Vereinigten Staaten, sodass die EU nach eigenen Angaben 2024 im Handel mit Waren und Dienstleistungen lediglich einen Handelsüberschuss von 50 Milliarden Euro hatte. «Dies entsprach weniger als 3 Prozent des gesamten Handels zwischen der EU und den USA», wird in Brüssel argumentiert.