Der EM-Rekordsieg gegen hilflose Briten ließ Dennis Schröder und sein famoses Basketball-Ensemble strahlen. Nach dem 120:57 – der deutlichste deutsche Erfolg in der EM-Geschichte – schlenderten die Weltmeister mit ganz viel Leichtigkeit durch die Katakomben von Tampere. «Heute durfte wirklich jeder mal. Es war schön, Selbstvertrauen zu tanken. Solche Spiele nimmt man natürlich gerne mit», sagte Oscar da Silva.

Das deutsche Team hatte zwar schon die ersten drei EM-Spiele locker gewonnen und so vorzeitig die Endrunde im lettischen Riga erreicht – der Erfolg mit 63 Punkten Differenz aber wirkte wie ein besseres Trainingsspielchen. «Wir haben unseren Basketball gespielt und Selbstbewusstsein getankt», beschrieb Schröder, der wie NBA-Jungstar Franz Wagner diesmal gar nicht an sein Leistungslimit gehen musste.

Rekord aus dem Jahr 1951 abgelöst

Die Erfolgsserie von Aushilfs-Chefcoach Alan Ibrahimagic geht damit weiter. Der 47-Jährige hat das Team einen Tag vor EM-Beginn von Bundestrainer Alex Mumbru übernommen, nachdem dieser nach starken Schmerzen im Bauchbereich ins Krankenhaus musste. Mumbru ist inzwischen auf dem Weg der Besserung, der Rückkehr-Zeitpunkt ist offen.

«Mir hat gefallen, dass wir an unseren Dingen festgehalten haben, auch wenn das Ergebnis deutlich war. Man sieht, dass die Spieler die neue Philosophie sehr gut verinnerlicht haben und wir schnell spielen», sagte Ibrahimagic bei RTL. Das 120:57 überbot die über sieben Jahrzehnte alte Bestmarke aus dem Jahr 1951, als es ein 69:25 gegen Schottland gab.

«Es hat auf jeden Fall Bock gemacht. Wir haben bis zum Ende unseren Basketball durchgespielt, deshalb hat es viel Spaß gemacht», sagte Tristan da Silva, dieses Mal mit 25 Punkten bester Werfer. «Ich bin stolz auf die Mannschaft, wie sie auftritt», fügte Ibrahimagic an. «Das Ergebnis ist sehr hoch, aber es ist nur ein Sieg. Wir sagen immer, wir wollen den Gruppensieg. Dafür brauchen wir auch am Mittwoch einen Sieg.»

Gruppensieg frühestens am Mittwoch

Am Mittwoch (19.30 Uhr/Magentasport und RTL) geht es gegen Gastgeber Finnland um Platz eins in der Gruppe. Das Duell mit den völlig überforderten Briten glich phasenweise einer Übungseinheit, die sowohl von der Intensität als auch von der Kulisse nur sehr wenig mit einer Europameisterschaft zu tun hatte.

«Auch solche Spiele sind wichtig, weil Spieler, die bislang vielleicht noch nicht so ihren Rhythmus gefunden haben, ihn in diesen Spielen finden können», sagte der verletzt fehlende Weltmeister Moritz Wagner vorab als TV-Experte bei Magentasport. Es wurde dann sportlich noch etwas einfacher als erwartet. Schröder und Co. warfen sich schon kurz vor der Halbzeit No-Look-Pässe zu und dribbelten sich den Ball durch die eigenen Beine – die 3.760 Zuschauer in der halbleeren Halle raunten.

Turnieraus für Voigtmann

Neben Topscorer da Silva punkteten auch Wagner, Schröder, Daniel Theis und dessen Bruder Oscar da Silva zweistellig – die Marke von 100 Punkten hatte der Weltmeister schon schnell im vierten Viertel erreicht. «Es hat sich sehr gut angefühlt. Wir haben unseren Basketball gespielt. Wir wussten, dass sie sehr körperlich spielen werden, das haben wir gut gematcht», sagte Aufbauspieler Justus Hollatz bereits zur Halbzeit.

Im vierten EM-Spiel innerhalb von sechs Tagen bot sich Interimstrainer Ibrahimagic die Chance, lädierte Spieler gezielt zu schonen. Co-Kapitän Johannes Voigtmann war bereits am Sonntag nach München gereist, um sein lädiertes Knie behandeln zu lassen. Kurz nach der Gala gegen die Briten teilte der Verband mit, dass Voigtmanns EM vorzeitig beendet ist – er muss operiert werden.

Makellose Vorrunde wie beim WM-Titel?

Mit einem Sauna-Besuch und einem Spaziergang in der Natur hatte sich das deutsche Team nach dem famosen 107:88 gegen Mitfavorit Litauen am Ruhetag beschäftigt. Der sportliche Fokus war aber auch gegen die weiter sieglosen Briten sofort wieder da. Anfangs bekam Theis einige Bälle in der Mitte zugespielt – dort nutzte der Center einfach seine körperliche Überlegenheit aus.

Schon nach dem ersten Viertel war der deutsche Vorsprung so groß, dass die weiteren 30 Minuten nur noch ein besseres Schaulaufen darstellten. Deutschland hat sowohl vor dem WM-Titel 2023 als auch bei Olympia 2024 eine makellose Vorrunde hingelegt und ist nun auch in Tampere auf dem besten Weg dorthin. Auch gegen die bislang starken Finnen wird das Team um Schröder und Wagner klarer Favorit sein.