Sophie Hinners sagt unumwunden: «Wir versuchen immer, besser zu sein als der andere.» Die 27 Jahre alte Springreiterin und ihr Freund Richard Vogel (28) sind regelmäßig Konkurrenten, wenn sie in den Parcours reiten. In dieser Woche ist es allerdings anders. Wenn das Liebespaar ab Mittwoch bei der Europameisterschaft im spanischen A Coruña für die deutsche Nationalmannschaft antritt, wollen die beiden gemeinsam eine Medaille holen.

«Das ist etwas ganz Besonderes für uns, dass wir das zusammen erleben dürfen», sagt Hinners. Und das ist es in der Tat, nicht nur für die beiden. Noch nie trat ein Paar gemeinsam für Deutschland bei einem Championat an. Bundestrainer Otto Becker hat mit der Nominierung für eine Premiere gesorgt.

Nur die Leistung zählt beim Bundestrainer

Dass Hinners und Vogel seit Jahren ein Paar sind, ist für Becker «egal, weil wir nach Leistung nominieren». Der Bundestrainer betont: «Die beiden liefern ab, das ist das Wichtigste.»

Vogel gehört seit rund zwei Jahren zur Weltspitze, reitet seitdem in den Top Ten der Weltrangliste und war Teil des Olympia-Teams. Hinners ist die Senkrechtstarterin der Szene, ist derzeit die erfolgreichste deutsche Springreiterin und feierte seit Jahresbeginn 16 Siege bei internationalen Prüfungen.

Ein Paar im EM-Team, das ist für Außenstehende verblüffend, für die Kollegen im deutschen Team eher normal. «Also ich glaube nicht, dass das am Sportlichen etwas ändert», sagte Marcus Ehning, der mit Olympiasieger Christian Kukuk das deutsche EM-Quartett komplettiert. «Das hat, glaube ich, keinen Einfluss am Ende.»

Es gab bereits ein berühmtes Paar – aber nicht bei EM oder WM

Der erfahrene Ehning erinnert daran, dass es schon einmal ein bekanntes Paar in deutschen Reitsport-Teams gab: Meredith Michaels-Beerbaum und Markus Beerbaum. «Oh ja, wir sind auch ein paarmal gemeinsam in einer Mannschaft geritten», sagt Michaels-Beerbaum: «Nur nicht bei EM oder WM.» Und lächelnd fügt die ehemalige Nummer eins der Weltrangliste an: «Aber wir haben zusammen immerhin ein Nationenpreis-Finale gewonnen.»

Vogel und Hinners sind auch schon gemeinsam als Team angetreten. Das Paar belegte mit der deutschen Mannschaft im März beim Nationenpreis in Ocala/Florida den zweiten Platz. Die EM ist freilich auch für die beiden etwas anderes, etwas sehr Spezielles. Gemeinsame Nationenpreise seien toll, betont Vogel, doch die EM «toppt das noch mal».

Die beiden sind seit mehreren Jahren ein Paar und betreiben in Pfungstadt gemeinsam einen Turnier- und Handelsstall. Einen weiteren betreibt der umtriebige Vogel mit seinem Kumpel David Will in Marburg.

Sind sie am Ende wieder Konkurrenten?

Mit Blick auf den gemeinsamen EM-Auftritt schwärmt Hinners: «Da ist jemand da für dich und unterstützt dich in guten wie in schlechten Zeiten. Ich bin dankbar und glücklich, wenn Richard dabei ist. Er unterstützt mich, gibt mir Tipps, und ich habe immer volle Unterstützung.» Vogel sagt, er profitiere «nicht weniger von ihr als sie von mir».

Drei Tage währt der gemeinsame Team-Auftritt in den drei Prüfungen von Mittwoch bis Freitag. Im Idealfall feiern sie gemeinsam Gold. Wenn beide in der Einzelwertung unter den besten 25 platziert sind, dann werden Vogel und Hinners am Sonntag im Finale wieder Konkurrenten.

Dann gilt wieder, was die 27 Jahre alte Reiterin so ausdrückt: «Wenn das Springen läuft, dann versuchen wir, gegeneinander anzutreten und besser zu sein als der andere. Aber die Hauptsache ist, einer von uns steht am Ende vorne.»