Bei klar erkennbaren Sichtbeschränkungen müssen Verkehrsteilnehmer besonders vorsichtig fahren – sonst haften sie nach Unfällen allein. Das geht aus seiner Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor (Az.: I-11 U 76/22), über die die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Denn eine Kommune sei nicht verpflichtet, gegen jede die Sicht behindernde Bepflanzung auf einem privaten Grundstück vorzugehen, so das Gericht. Und das, obwohl die Kommune grundsätzlich eine Pflicht zur Verkehrssicherung hat. Aber alle möglichen Quellen von Gefahren auszuschließen, gehört nicht dazu.
Ein Fahrradunfall an einer Kreuzung
In dem Fall kam es an einer Kreuzung von Radwegen zu einem Unfall, bei dem ein Radler stürzte. An der Kreuzung war die Sicht unter anderem durch eine in den Bereich der Kreuzung hineinragende Hecke auf einem privaten Grundstück eingeschränkt. Der Radler näherte sich der Kreuzung und konnte nicht mehr adäquat auf einen anderen von rechts kommenden Radler reagieren. Durch eine sehr starke Bremsung kam er zu Fall und verletzte sich.
Der verunfallte Radler verklagte im Nachgang die Stadt auf Haftung. Das Argument: Die Stadt hätte es versäumt, den Eigentümer des Grundstücks dazu zu verpflichten, die Hecke entsprechend zu stutzen.
So sehen die Gerichte die Klage gegen die Sichtbehinderung
Das Landgericht wies die Klage aber ab, das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung. Das Gericht betonte, dass Kommunen zwar eine Verkehrssicherungspflicht haben. Diese geht den Angaben zufolge aber nicht so weit, dass gegen alle möglichen Gefahrenquellen und die Sicht behindernde Bepflanzungen vorzugehen ist.
Die Sicherungspflicht ende sozusagen dort, wo Verkehrsteilnehmer die eingeschränkten Sichtverhältnisse rechtzeitig erkennen und sich auf sie einstellen können. Und das war nach Ansicht des Gerichts im vorliegenden Geschehen der Fall. Der Radfahrer hätte sein Tempo den Gegebenheiten anpassen müssen.