Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) würde lesbischen Paaren mit Kind gerne eine gemeinsame Elternschaft von Anfang an ermöglichen. Der Koalitionspartner ist in der Frage allerdings zurückhaltend. «Ich persönlich kann mir vorstellen, dass wir im Abstammungsrecht eine Regelung für eine gemeinsame Mutterschaft von Frauenpaaren treffen», sagte Hubig der Deutschen Presse-Agentur.
Aktuell ist die Rechtslage so, dass die Partnerin der Frau, die das Kind zur Welt bringt, dieses adoptieren muss, um rechtlicher Elternteil zu werden. «Dieser Weg über das gerichtliche Adoptionsverfahren ist sehr mühsam und belastet die Familien», kritisiert die Ministerin. Zudem könne diese Regelung bittere Folgen für das Kind haben, wenn die Mutter bei oder kurz nach der Geburt stirbt: «Dann hat es unter Umständen gar kein Elternteil.»
Unionspolitikerin fragt nach Rolle des Vaters
Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Susanne Hierl, führt andere Argumente an. «Eine vollständige Entkopplung der Abstammung von der Biologie kann nicht die Lösung sein», sagte die CSU-Politikerin der dpa. Bei einem durch eine anonyme Samenspende gezeugten Kind könne dies eine sinnvolle Lösung sein. «Doch ist der leibliche Vater bekannt, darf das Kind nicht einfach von seiner rechtlichen Verbindung zum Vater und damit seiner biologischen Herkunft abgeschnitten werden.» Das wäre sicherlich nicht im Sinne des Kindes, sagte Hierl.
Denn der Vater sei für das Kind ein wichtiger Bezugspunkt in der Entwicklung der eigenen Identität. Wenn der leibliche Vater bekannt sei, bleibe die Adoption der richtige Weg.
Ampel-Reform kam nicht mehr zustande
Konkrete Pläne für eine Co-Mutterschaft gab es im Bundesjustizministerium bereits im Herbst 2024. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition wurden sie jedoch nicht umgesetzt. Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sieht diesbezüglich keine Änderungen im Abstammungsrecht vor. Generell werde man sich bei etwaigen Reformen im Familienrecht «vom Wohl des Kindes leiten lassen», heißt es hier nur recht allgemein.
Hubig hält eine Änderung an dieser Stelle jedoch für sinnvoll, auch mit Verweis auf anhängige Verfahren zur Co-Mutterschaft. «Mehrere deutsche Gerichte halten das geltende Abstammungsrecht in diesem Punkt für verfassungswidrig», sagt die Ministerin, die vor ihrem Wechsel nach Berlin Bildungsministerin von Rheinland-Pfalz war. Sie würde sich wünschen, «dass wir für sinnvolle Reformen des Familienrechts nicht erst warten, bis das Bundesverfassungsgericht uns dazu eine Aufforderung schickt».
Sozialverband unterstützt Hubig
Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, stellt sich hinter die Bundesjustizministerin. Sie sagt: «Wir müssen von der verkrusteten Denke, eine Familie bestehe lediglich aus Vater, Mutter und Kind, wegkommen.» Schließlich stimmten heutzutage die biologisch, rechtliche und soziale Elternschaft nicht immer genau überein.
Keine neue «Verantwortungsgemeinschaft»
Die notariell beurkundete «Verantwortungsgemeinschaft» – ein anderes Vorhaben von Ex-Justizminister Marco Buschmann (FDP), das nicht in die Tat umgesetzt wurde – hält Hubig dagegen für verzichtbar. Dabei ging es um Menschen, die keine Liebesbeziehung haben, aber füreinander im Alltag Verantwortung übernehmen wollen. Als Beispiele hatte Buschmann damals Alleinerziehende genannt, die sich gegenseitig unterstützen, oder alleinstehende Seniorinnen, die zusammen in einer Wohngemeinschaft leben.
«Das klang für viele erstmal zeitgemäß», sagte Hubig. Doch die Idee sei wohl nicht ausgereift gewesen. Rückmeldungen aus Gesellschaft und Wissenschaft hätten gezeigt, dass niemand dieses neue Rechtsinstitut brauche. Der Mehrwert wäre allenfalls ein symbolischer gewesen.