Der Konflikt zwischen dem Iran und der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA spitzt sich zu. Nach der Aussetzung der Kooperation mit den UN-Atomwächtern haben Inspektoren der IAEA am Freitag das Land verlassen, wie die Organisation in Wien auf der Plattform X mitteilte. Das Team sei während des jüngsten Krieges im Land geblieben und habe sich nun sicher auf den Weg nach Wien gemacht, hieß es.
Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen waren zuletzt nur noch einige wenige IAEA-Fachleute in der Islamischen Republik gewesen. Wie viele es waren, und ob alle Inspektoren ausgereist sind, beantwortete ein IAEA-Sprecher nicht.
IAEA drängt auf Wiederaufnahme der Kontroll-Einsätze
Am Mittwoch hatte der Iran die Zusammenarbeit mit der IAEA formal ausgesetzt. Die Inspektoren hatten keinen Zugang mehr zu den Atomanlagen, seit diese im Krieg von Israel und den USA bombardiert und beschädigt worden waren. Es sei außerordentlich wichtig, dass die IAEA mit dem Iran über eine möglichst baldige Wiederaufnahme ihrer unverzichtbaren Kontroll-Einsätze im Iran spreche, zitierte die IAEA ihren Chef Rafael Grossi auf der Plattform X.
Laut dem im Iran verabschiedeten Gesetz soll die Kooperation mit der IAEA so lange ausgesetzt bleiben, bis die Sicherheit der iranischen Nuklearanlagen gewährleistet ist. Der Nationale Sicherheitsrat soll über eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit entscheiden, wenn die Bedingungen erfüllt sind.
IAEA-Chef Grossi im Fokus iranischer Hardliner
Mitglieder des iranischen Parlaments hatten zuvor auf die Ausweisung der Kontrolleure gedrängt. Die «verbliebenen Spione» der IAEA sollen bald des Landes verwiesen werden, hatte der ultrakonservative Abgeordnete Amir-Hussein Sabeti laut übereinstimmenden iranischen Medienberichten gesagt.
Im Zuge des Krieges warf Irans Regierung der IAEA vor, mit einem kritischen Bericht die israelischen Angriffe legitimiert zu haben. Grossi wurde daraufhin als israelischer Spion diffamiert. Vor diesem Hintergrund forderte die Tageszeitung «Keyhan» – Sprachrohr der Hardliner – die «Verhaftung und Hinrichtung» des Diplomaten. Dies löste im Westen große Empörung aus.
Waffenruhe nach 12 Tagen Krieg
Der Iran und Israel hatten sich in der vergangenen Woche nach dem blutigen, zwölf Tage andauernden Krieg auf eine Waffenruhe geeinigt. Diese wurde von den USA vermittelt, nachdem sie in den Krieg eingetreten waren und die drei wichtigsten Atomanlagen mit bunkerbrechenden Bomben angegriffen hatten.
Offiziell begründete Israel den Krieg mit der Bedrohung durch Irans umstrittenes Atomprogramm. Westliche Regierungen befürchten, dass Teheran nach Atomwaffen strebt. Teheran weist dies zurück. IAEA-Chef Grossi hatte vor dem Krieg selbst noch gewarnt, Angriffe auf die Atomanlagen könnten die iranische Führung erst recht zum Bau von Atombomben bewegen.
Atomgespräche in Oslo?
Unterdessen mehren sich Berichte über mögliche neue Verhandlungen zwischen Washington und Teheran. Vor Ausbruch des Krieges hatten die USA und der Iran rund zwei Monate lang Gespräche über das Atomprogramm geführt. Eine sechste Verhandlungsrunde war für nur zwei Tage nach Kriegsbeginn angesetzt. Danach zeigte die iranische Regierung kaum Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Gespräche und führte dafür mangelndes Vertrauen an.
Laut dem US-Nachrichtenportal «Axios» gibt es Vorbereitungen für ein Treffen zwischen Irans Außenminister Abbas Araghtschi und dem US-Sondergesandten Steve Witkoff kommende Woche in Oslo. Das genaue Datum ist noch nicht bekannt. Dem Online-Portal «Amwaj» zufolge, das gute Kontakte nach Teheran pflegt, hat die iranische Regierung dem Treffen zugestimmt. Unklar sei, ob der Golfstaat Oman wie zuvor als Vermittler auftritt.