In Myanmar hat fast fünf Jahre nach dem Militärputsch eine höchst umstrittene Parlamentswahl in mehreren Phasen begonnen. Internationale Beobachter und Menschenrechtsorganisationen hatten das Votum bereits im Vorfeld als «Farce» kritisiert. Die von China und Russland unterstützte Wahl wird an drei Terminen durchgeführt, zwei weitere sind am 11. und 25. Januar geplant. Ergebnisse werden nicht vor Ende Januar erwartet.

Die Armee hatte am 1. Februar 2021 geputscht und die demokratisch gewählte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet – wegen angeblichen Wahlbetrugs bei einer vorangegangenen Parlamentswahl. Die Friedensnobelpreisträgerin wurde später zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Wo sie festgehalten wird und wie es ihr geht, ist unklar.

Immer wieder gibt es internationale Forderungen, die frühere Freiheitsikone freizulassen. «Die britische Regierung verurteilt weiterhin die Inhaftierung von Aung San Suu Kyi. Das Militärregime muss sie und alle willkürlich Inhaftierten freilassen», zitierte die Zeitung «The Independent» einen Sprecher des Außenministeriums in London.

Votum zwischen Boykott und Gewalt

Gewählt wird größtenteils in Wahlbezirken, in denen die Junta die Macht hat. Schätzungen zufolge kontrollieren Widerstandsgruppen und Rebellen mittlerweile mehr als 50 Prozent des Landes. Regelmäßig kommt es zu schweren Angriffen und Massakern, unter denen vor allem die Zivilbevölkerung leidet. Am Wahltag blieb größere Gewalt zunächst aus, jedoch berichtete das örtliche Nachrichtenportal Mizzima von Explosionen in der Nähe von Wahllokalen in mindestens drei Städten.

Insgesamt stehen 57 Parteien und mehr als 4.800 Kandidaten zur Wahl – allerdings boykottieren mehrere wichtige Oppositionsparteien das Votum, andere wurden ausgeschlossen. Schon im Vorfeld gilt als sicher, dass die vom Militär unterstützte «Union Solidarity and Development Party» (USDP) das Rennen machen wird. 

Junta will ihre Macht legitimieren

Politischen Beobachtern zufolge soll die Abstimmung vor allem dazu dienen, die Macht der Generäle unter ihrem Chef Min Aung Hlaing zu legitimieren – obwohl dieser die Vorwürfe zurückwies: «Erst nach der Wahl können wir feststellen, ob sie frei und fair war. Wir haben garantiert, dass sie es sein wird», sagte er bei der Stimmabgabe. Beobachter glauben, dass Min Aung Hlaing anstrebt, selbst Präsident des Landes zu werden. 

Viele Menschen lehnen es derweil ab, ihre Stimme abzugeben. Und das, obwohl es großen Druck auf die Zivilbevölkerung gegeben haben soll, die Abstimmung auf keinen Fall zu boykottieren. «Das Wahllokal in unserem Bezirk hat heute Morgen um 6.00 Uhr geöffnet. Aber ich gehe nicht wählen», sagte Khaing Min (45), ein Einwohner der größten Stadt Yangon (früher: Rangun), der Deutschen Presse-Agentur. «Die Leute hier interessieren sich nicht für die Wahl. Die Junta wird sowieso in den von ihr kontrollierten Gebieten gewinnen.»