Begleitet von Protesten der linken Szene müssen sich seit dem Vormittag sieben mutmaßliche Linksextremisten für zahlreiche Straftaten vor dem Oberlandesgericht Dresden verantworten. Die Gruppe, die Ende 2017 oder Anfang 2018 in und um Leipzig entstanden sein soll, soll mehrere Jahre lang gewaltsame Angriffe auf Personen aus der rechten Szene verübt haben. Angeklagt wurden Straftaten wie gefährliche Körperverletzung, versuchter Mord und Sachbeschädigung.
Die Bundesanwaltschaft wirft den Beschuldigten im Alter zwischen 28 und 49 Jahren unter anderem Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung beziehungsweise Unterstützung derselben vor. In der Anklage attestierte die Bundesanwaltschaft ihnen einen «militanten Antifaschismus» und linksextremistische Einstellungen. Mitglieder der rechten Szene sollten geplant angegriffen werden. Es sei darum gegangen, eine Signalwirkung zu erzielen, um Rechtsextreme abzuschrecken, hieß es.
Im Fokus steht der 32-jährige Johann G., dem eine führende Position in der Gruppe zugewiesen wird. G. war lange Zeit untergetaucht und den Zielfahndern des Landeskriminalamtes Sachsen vor einem Jahr ins Netz gegangen. Das jetzige Verfahren ist faktisch die Fortsetzung des Prozesses gegen die Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte. Sie waren 2023 an gleicher Stelle zu Haftstrafen verurteilt worden.
Hammer, Schlagstöcke und Sturmhauben
Die Gruppe hätte ein methodisches und planvolles Vorgehen an den Tag gelegt und vor den Angriffen die Lebensumstände der Opfer ausspäht. Regelmäßiges Training in Kampfsporttechniken habe dazu gedient, die Effektivität der Angriffe zu steigern. «Die Opfer sollten erheblich verletzt werden», hieß es in der Anklage. Bei den Angriffen habe die Gruppe, bei der die Beschuldigten in wechselnder Besetzung an den Überfällen teilnahm, Werkzeuge wie Hammer und Schlagstöcke verwendet. Auch Pfefferspray und Sturmhauben hätten zur Ausrüstung gehört.
Mehrere Dutzend Unterstützer hielten am Morgen vor dem Gerichtsgebäude Schilder und ein Transparent mit der Aufschrift «Free all Antifas» hoch, auch im Saal warteten einige Anhänger der Szene. Der Prozess läuft unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen ab. Besucher und Medienvertreter müssen sich ausgiebigen Einlasskontrollen unterziehen.
Im Fokus steht Johann G.
Johann G. und seine damalige Lebensgefährtin Lina E. hätten innerhalb der Gruppierung eine Führungsposition eingenommen, so die Anklage. Bei 14 Überfällen im In- und Ausland wurden der Darstellung zufolge 35 Menschen teils erheblich verletzt. Als Tatorte wurden Wurzen, Leipzig, Dessau-Roßlau, Dortmund, Erfurt und Budapest genannt. Hier wurden zuletzt im Februar 2023 Rechtsextreme angegriffen, die beim rechten Szene-Event «Tag der Ehre» teilgenommen hatten.
Einigen Opfern seien der Angriffe über Jahre hinweg seien lebensbedrohliche Verletzungen zugefügt worden, hieß es. Im Fall des Überfalls auf eine Gruppe von Rechten in Dessau-Roßlau, die im Januar an einem «Trauermarsch» in Erinnerung an die Bombardierung Magdeburgs im Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatten, hätten sie den Tod zweier Opfer billigend im Kauf genommen.
Bundesanwaltschaft sieht militante linksextremistische Ideologie
Nach Ansicht der Generalbundesanwaltschaft sollen auch die jetzt Beschuldigten, darunter eine Frau, der Vereinigung angehört und eine militante linksextremistische Ideologie miteinander geteilt haben. Sie hätten den Rechtsstaat, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und das staatliche Gewaltmonopol abgelehnt, sind die Bundesanwälte überzeugt.
In Dresden wird nun ein Mammutprozess erwartet, der sich bis 2027 hinziehen könnte. Zunächst sind Termine bis Sommer 2026 anberaumt.
