Ein Brief vom Finanzamt im eigenen Briefkasten mit dem Hinweis auf einen Schätzungsbescheid sorgt oft für Herzklopfen. Erst recht, wenn dort bereits steht, dass die Schätzung vollstreckt werden kann. Wichtig ist dann: Ruhe bewahren, die Situation einordnen und die richtigen Schritte einleiten.

«Ein Schätzungsbescheid wird in der Regel erlassen, wenn eine verpflichtende Steuererklärung nicht oder unvollständig abgegeben wurde», erklärt Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler. «Das Finanzamt darf dann die Besteuerungsgrundlagen ’nach pflichtgemäßem Ermessen‘ schätzen.» Für die Betroffenen bedeutet das meist eine ungünstige Berechnung, nicht selten fällt die Steuerlast mit der Schätzung deutlich höher aus, als sie tatsächlich wäre. Der Schätzungsbescheid ist damit vor allem ein Druckmittel, um Betroffene zur Abgabe ihrer Erklärung zu bewegen.

Richtige Vorgehensweise entscheidend

Wichtig ist nun, die Fristen im Blick zu behalten. Denn gegen den Bescheid kann innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt werden. Wer untätig bleibt, riskiert, dass die Schätzung bestandskräftig wird und dann Grundlage für Vollstreckungsmaßnahmen ist, die von Mahnungen über Säumniszuschläge bis hin zur Kontopfändung reichen.

Die richtige Reihenfolge lautet daher: «Zunächst prüfen, ob es sich tatsächlich um einen Schätzungsbescheid handelt, anschließend umgehend die fehlende Steuererklärung nachreichen und gleichzeitig Einspruch einlegen, um die Rechtsmittelfrist zu wahren», rät Karbe-Geßler. Ein kurzer Hinweis genügt dafür – etwa so: «Gegen den Bescheid vom [Datum] lege ich Einspruch ein. Die Steuererklärung wird nachgereicht.»

Steuerschuld kann auch in Raten beglichen werden

Ist die Schätzung deutlich zu hoch und drohen Zahlungsschwierigkeiten, kann zusätzlich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden. Damit lässt sich eine Vollstreckung vorübergehend aufhalten. Die Aussetzung muss aber begründet werden. Ein guter Grund: Wenn sich aus der nachgereichten Erklärung eine deutlich geringere Steuerlast ergibt. Bleibt trotz nachgereichter Erklärung eine hohe Nachzahlung, sollte frühzeitig das Gespräch mit dem Finanzamt gesucht werden, um eine Stundung oder Ratenzahlung zu vereinbaren.

Ein Schätzungsbescheid ist ein voll wirksamer Steuerbescheid. Das bedeutet, er kann vollstreckt werden, wenn man nichts unternimmt – und zwar selbst dann, wenn die Zahlen nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Ein Schätzungsbescheid ist aber noch kein endgültiges Urteil, sondern in erster Linie ein Warnsignal. «Steuerzahler, die schnell reagieren, die Steuererklärung nachholen und die Rechtsmittel nutzen, können die Angelegenheit meist zügig klären», sagt Karbe-Geßler. «Untätigkeit dagegen führt fast immer zu höheren Kosten und unliebsamen Vollstreckungsmaßnahmen.»