Mit neuen Handelsgesprächen wollen China und die USA einer Lösung in ihrem erbitterten Zollstreit näherkommen. Vertreter beider Seiten trafen sich zu Verhandlungen in London, wie chinesische Staatsmedien berichteten. Der Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump rechnet mit einem raschen Durchbruch. «Ich gehe davon aus, dass es ein kurzes Treffen mit einem kräftigen Händedruck wird», sagte Kevin Hassett dem Sender CNBC.
In London stehen demnach weniger die gegenseitigen Zölle, sondern die chinesischen Exportbeschränkungen für seltene Erden im Fokus. Ziel sei eine grundsätzliche Einigung in dieser Frage, sagte Hassett. Die Volksrepublik kontrolliere rund 90 Prozent des globalen Markts für diese Rohstoffe sowie für spezielle Magnetmaterialien. Die US-Regierung nehme an, dass Peking die Ausfuhrbeschränkungen nach einer Einigung rasch lockere. Im Gegenzug würden auch die USA ihre Exportkontrollen zurückfahren.
Wie drastisch die Konsequenzen des Streits bereits sind, zeigen neue Zahlen des chinesischen Zolls: Demnach brach der Handel zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Erde im Mai ein.
Wer spricht mit wem wo über was?
Es wurde nicht ausgeschlossen, dass die Gespräche in London an diesem Dienstag fortgesetzt werden. Für China nimmt Vize-Ministerpräsident He Lifeng teil. Für die USA hatte Präsident Donald Trump im Vorfeld der Gespräche angekündigt, dass unter anderem US-Finanzminister Scott Bessent Teil der Delegation sei.
Trump zufolge geht es darum, Feinheiten der gemeinsamen Handelsvereinbarung zu besprechen. Allerdings dürften Exportkontrollen auf Rohstoffe seitens China beziehungsweise Beschränkungen auf den Verkauf wichtiger Technologie seitens der USA nach China im Mittelpunkt stehen.
Wie sich der Handel entwickelt hat
Wie aus den Mitteilungen der Behörde in Peking hervorging, sanken Aus- und Einfuhren im Handel mit den USA wie schon im April deutlich. Im Mai gingen die Exporte in US-Dollar berechnet demnach um 34,5 Prozent verglichen mit Mai 2024 zurück, während die Importe um 18,1 Prozent verloren.
Insgesamt konnte Chinas Wirtschaft dank gestiegener Exporte in andere Regionen, darunter auch Deutschland, im Mai jedoch ihre Ausfuhren erhöhen.
Themen auf der Agenda
China und die USA hatten Mitte Mai in Genf erstmals seit der Eskalation im Zollstreit miteinander gesprochen. Damals vereinbarten beide Seiten, ihre Zölle vorübergehend für 90 Tage deutlich zu senken. US-Präsident Trump hatte im April die Aufschläge auf Waren aus China auf bis zu 145 Prozent erhöht. Peking zog mit Gegenzöllen auf Importe aus den USA auf 125 Prozent nach und verhängte Exportkontrollen, unter anderem auf bestimmte seltene Erden.
Dabei handelt es sich um Rohstoffe, welche die Industrie zum Beispiel für Elektromotoren und Sensoren braucht. China dominiert den Weltmarkt dafür, weshalb die Exportbeschränkungen bei Unternehmen weltweit Besorgnis ausgelöst hatten.
Peking wiederum könnte die US-Beschränkungen für den Verkauf wichtiger Technologieprodukte an China ansprechen. Die Volksrepublik ist etwa bei Computerchips oder wichtigen Bauteilen in der Luftfahrtindustrie immer noch vom Ausland abhängig.
Ebnet ein Telefonat den Weg?
US-Präsident Trump und der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping hatten das Treffen am Donnerstag in einem Telefonat vereinbart. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt sagte im US-Fernsehen, China müsse seine Seite der Vereinbarung einhalten. Damit könnte der Weg für ein umfassenderes Abkommen bereitet werden.
China hatte sich nach dem Telefonat der Staatschefs eher zurückhaltend geäußert und die USA ermahnt, sich an die gegenseitigen Absprachen des Abkommens zu halten. Die US-Seite solle die erzielten Fortschritte objektiv bewerten und ihre negativen Maßnahmen gegen China zurücknehmen, forderte Peking.
Auswirkungen auf Weltwirtschaft
Der Handelskonflikt der beiden Staaten hält die Weltwirtschaft in Atem. Trump fährt seit seinem Amtsantritt einen harten handelspolitischen Kurs gegen China. Trotz der getroffenen Vereinbarung über eine Zollpause in Genf wurde der Ton zuletzt wieder rauer – und die zugrundeliegenden Meinungsverschiedenheiten sind keineswegs gelöst.
Die USA importieren deutlich mehr Waren, als sie exportieren. China hingegen treibt seinen Wirtschaftsmotor mit Ausfuhren an und importiert – auch wegen der schwachen Nachfrage in der Volksrepublik – wenig. Trump will dieses Handelsdefizit mit Hilfe höherer Zölle senken und damit auch die heimische Produktion stärken. Viele Volkswirte warnen jedoch, dass Trumps zusätzliche Importgebühren in den USA mittelfristig zu höheren Preisen und weniger Wachstum führen dürften.
Trumps Problem: Handelsdefizit mit China
Die USA exportierten 2024 nach Regierungsangaben Waren im Wert von gut 143 Milliarden US-Dollar nach China, im Gegenzug kamen von dort Waren im Wert von 439 Milliarden Dollar in die Vereinigten Staaten. Daraus ergibt sich ein Handelsdefizit von knapp 300 Milliarden Dollar.
Trump hat «Zölle» wiederholt als sein Lieblingswort bezeichnet. Er hat zahlreiche zusätzliche Importgebühren angekündigt, angedroht oder schon umgesetzt. Neben einer neuen Strafabgabe in Höhe von zehn Prozent des Warenwerts auf fast alle Importe hat er auch spezifische, höhere Zölle auf Einfuhren vieler Länder angekündigt. Davon sind auch große Handelspartner wie China und die EU betroffen.