Feinschmecker, Sterneköche und Luxuskaufhäuser zählen seine Schokolade zur besten der Welt. Ob das stimmt, wisse er nicht. «Aber ich mache Schokolade anders», gibt Claudio Corallo zu. In seiner kleinen Manufaktur an der Strandpromenade von São Tomé stellt der 74-Jährige feinste Schokolade von 75 bis 100 Prozent her. 

Corallo gehört weltweit zu den wenigen Schokoladenherstellern, die Kakao selbst anbauen, trocknen und rösten – alles per Hand. Dabei benutzt er sogar alte Kakaosorten, die anderswo längst nicht mehr wachsen. «Sie werfen zwar weniger ab, sind aber qualitativ besser, schonen den Boden und brauchen keinen Dünger.»

Das tropische Klima am Äquator und die vulkanischen Böden sind ideal für den Kakao, sagt Corallo. So wurde die kleine Inselgruppe São Tomé und Príncipe im Golf von Guinea vor der Westküste Afrikas Anfang des 20. Jahrhunderts zum größten Kakaoproduzenten der Welt und bekam den Spitznamen «Schokoladen-Inseln».

Auch heute noch ist Kakao einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Auf der Roça Diogo Vaz können Besucher erleben, wie ökologischer Kakaoanbau funktioniert. Die Plantage aus dem Jahr 1880 setzt auf «Qualität statt Masse», erklärt Produktionsleiter Abdel Carvalho.

Nur wenige internationale Gäste

Ein Konzept, das auch den Tourismus der Insel prägt. Massentourismus ist keine Alternative: die abgeschiedene Lage, fehlende internationale Flugverbindungen. Zudem bestehen São Tomé und die Nachbarinsel Príncipe größtenteils aus schwer zugänglichen, von Regenwald bedeckten Bergen.

Ein großer Teil der Straßen ist entweder schlecht oder gar nicht asphaltiert. So entwickelt sich die touristische Infrastruktur nur langsam. Jährlich besuchen nur knapp 35.000 Touristen die beiden Inseln.

Auch Tiziano Pisoni setzt in seiner «Mucumbli Eco Lodge» unweit der Roça Diogo Vaz voll und ganz auf nachhaltigen Naturtourismus. Sie liegt auf einer Landzunge, von der man von Juli bis Oktober Buckelwale vorbeiziehen sehen kann. Die Lodge ist vor allem aber Eingangstor zum Obô-Naturpark.

Heute geht es mit Guide João zum Angolar-Wasserfall. Schon bald machen die Kakaoplantagen dem tiefen Urwald Platz. Der Guide zeigt Schlangen, Affen und exotische Vögel wie Flammenweber und Angola-Schmetterlingsfinken. Einige Tausend Schlaglöcher weiter locken bei São João dos Angolares ebenfalls spannende Regenwaldtouren, die an schwarzen Sandstränden enden.

Über den Äquator schwimmen

Hier zelebriert Sternekoch João Carlos Silva auf seiner Roça São João exotische Slowfood-Küche. Von der Restaurantterrasse des Kolonialhauses der ehemaligen Kakaoplantage hat man wunderschöne Blicke auf die Bucht von Santa Cruz. Ab hier wird die Insel noch ursprünglicher, noch wilder.

Am Strand Praia Inhame befinden sich die romantischen Holzbungalows der gleichnamigen Eco-Lodge, wo ab November Meeresschildkröten ihre Eier ablegen. Auf der vorgelagerten Insel Ilha das Rolas kann man von der Nord- zur Südhalbkugel unserer Erde schwimmen oder gehen, denn das Eiland mit seinen Kokosnusswäldern liegt genau auf dem Äquator. Ein Bodenmosaik mit der Weltkarte markiert die Linie. Ein magischer Ort.

Der Garten Eden ist aber São Tomés Nachbarinsel Príncipe. Eine Stunde braucht die kleine Propellermaschine bis zur «Insel des Prinzen», die zu 90 Prozent mit nahezu unberührtem Regenwald bedeckt ist, der an goldgelben Palmenstränden im türkisfarbenen Atlantik endet. 

Die nur knapp 8.000 Inselbewohner leben vom Fischfang, dem Anbau von Kakao und vom Naturtourismus. Neben ein paar bescheidenen Pensionen im Hauptort Santo António mit seinen 2.000 Einwohnern, betreibt der südafrikanische IT-Millionär Mark Shuttleworth hier drei luxuriöse Öko-Lodges unter dem Namen «HBD Príncipe».

Das steht für «Here be dragons», so markierten frühe Seefahrer auf Karten unerforschte Regionen, wenn sie nicht das gängigere lateinische «Hic sunt dracones» verwendeten. Flora und Fauna sind immer noch kaum erforscht. Kein Wunder, dass die Unesco das Eiland 2012 zum Welt-Biosphärenreservat ernannte.

IT-Geld für das Naturparadies

Bislang 150 Millionen Euro investierte Shuttleworth, um das Naturparadies zu erhalten. Im Jeep geht es durch den Regenwald hinauf zur Roça Sundy. Das koloniale Herrenhaus der ehemaligen Roça Paciência ist heute ein wunderschönes Boutiquehotel. Gäste können auf der Kakao-Finca zuschauen, wie die hauseigene Bioschokolade gemacht wird.

Das auf einer Anhöhe liegende Anwesen ist umgeben von Regenwald, in dem der Kakao, aber auch Mangos, Bananen und Papayas wachsen, die man morgens beim Frühstück mit Blick auf die Küste genießt.

Dort unten wurden die luxuriösen Zeltvillen das «Sundy Praia Resort» harmonisch in den Regenwald eingefügt, der bis zum Strand reicht. Hier stören nur Papageien und Affen die Ruhe. Unterdessen ist das «Bom Bom Príncipe Resort» weiter nördlich von zwei Bilderbuchpalmenstränden umschlossen.

Die Resorts bieten Besuche der Sozial- und Tierschutzprojekte von Shuttleworths Stiftung an, aber auch Regenwaldtrekkings oder Bootsausflüge zu den unzähligen Traumstränden wie Macaco oder Banana, wo Bacardi in den Neunzigerjahren einen seiner berühmten Werbespots drehte. Am Burra-Strand kann man das Leben und Treiben eines kleinen Fischerdorfs kennenlernen.

Keine Zivilisation mehr

Heute steuert Argentino das Boot aber Richtung Süden in die Agulhas-Bucht mit ihrer mystische Felsnadel Pico Papagaio und dem imposanten Tafelberg. Zivilisation gibt hier im Süden keine mehr. In dieser Natur fast alleine unterwegs zu sein, das ist der große Luxus der Insel. Hier betreibt auch Claudio Corallo eine seiner Kakaoplantagen. Beim Blick auf die Bucht erinnere ich mich an seine Schokolade. Sie ist pur, anders. Sie überrascht und macht süchtig – ganz wie die Inseln von São Tomé und Príncipe.

Links, Tipps, Praktisches:

Anreise: TAP Portugal ist die einzige Airline, die direkt von Deutschland (mit Stopp in Lissabon) nach São Tomé fliegt. Inlandsflüge zwischen São Tomé und Príncipe mit STP Airways.

Einreise: Für die Einreise reicht ein sechs Monate gültiger Reisepass. Bei mehr als 15 Tagen ist ein Visum nötig, das von der Botschaft des Landes in Brüssel ausgestellt wird (E-Mail: ambassade@saotomeeprincipe.be).

Klima und Reisezeit: Das Klima ist ganzjährig tropisch-warm. Am angenehmsten ist die Trockenzeit von Juni bis September und von Dezember bis Februar.

Geld: Es gibt wenige Geldautomaten, es empfiehlt sich Bargeld zum Tauschen. Nur gehobenere Hotels und Restaurants akzeptieren Euros und Kreditkarten. Währung ist der São-toméische Dobra (STN). 1 Euro entspricht 25,5 STN.

Gesundheit: Pflichtimpfungen sind nicht vorgeschrieben. Impfung gegen Hepatitis A, Typhus sowie Malariaprophylaxe sind laut Auswärtigem Amt empfohlen.

Sprache: Portugiesisch. Im Tourismussektor aber auch Englisch

Unterkünfte: Auf São Tomé: «Eden Valley Eco Lodge», «Omali Lodge», «Mucumbli Eco Lodge», «Praia Inhame Eco Lodge», Roça São João dos Angolares. Auf Príncipe: mehrere Optionen über die Príncipe Collection von «HBD Príncipe» oder die «Casas Salomão».

Aktivitäten: Die touristische Infrastruktur ist dürftig, die Straßenverhältnisse sind teils schlecht. Für Rundreisen und Ausflüge bieten sich Veranstalter wie Eventur Ecotravel oder Mucumblie Explore an. Besuche von Kakaoplantagen bei Claudio Corallo, Roça Diogo Vaz, Roça Sundy.

Weiterführende Informationen: visitsaotomeprincipe.st