Im Streit über das iranische Atomprogramm lösen Deutschland, Frankreich und Großbritannien einen Mechanismus zur Wiedereinführung von UN-Sanktionen aus. Damit hatten die europäischen Außenminister der Regierung in Teheran gedroht, sollte bis Ende August keine diplomatische Lösung im Atomstreit gefunden werden. Antworten auf zentrale Fragen:

Welche Folgen hätten alte UN-Sanktionen gegen den Iran?

Bereits jetzt ist der Iran mit harten Sanktionen belegt, die vor allem auf den Energiesektor des öl- und gasreichen Landes zielen. Zudem ist das Land weitgehend vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten. Die Sanktionen haben den Staat mit seinen knapp 90 Millionen Einwohnern in eine schwere Wirtschaftskrise gestürzt, die vor allem die arme Bevölkerung trifft.

Der Snapback-Mechanismus würde alte UN-Sanktionen wie das allgemeine Waffenembargo sowie zahlreiche Strafmaßnahmen gegen Einzelpersonen und Organisationen wieder in Kraft setzen und einige Schlupflöcher schließen. Welche konkreten Folgen das hätte, ist jedoch unklar. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Iran dürften begrenzt bleiben, da Teheran bereits unter einer Vielzahl weitreichender und schädlicher US-Sekundärsanktionen steht, heißt es in einer Analyse des Washington Institute.

Experten gehen jedoch davon aus, dass die Sanktionen den Iran international weiter isolieren dürften. Wegen der harten Strafmaßnahmen hat Teheran seine wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen zu Russland und China bereits ausgebaut. Peking gilt – wenn auch inoffiziell – als wichtigster Abnehmer iranischen Öls. Der Westen dürfte den Druck auf China erhöhen, um den Handel mit der Islamischen Republik weiter einzuschränken.

Warum ist das iranische Atomprogramm international so umstritten?

Seit Jahrzehnten liegt der Westen im Streit mit der Islamischen Republik Iran über deren Atomprogramm. Israel, die USA und europäische Staaten werfen der iranischen Staatsführung vor, nach Atomwaffen zu streben. Teheran bestreitet dies offiziell. Die iranische Führung weist auch auf eine Fatwa hin, einem religiösen Rechtsgutachten durch Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei, wonach Massenvernichtungswaffen verboten sind.

Westliche Staaten zeigten sich insbesondere wegen der zuletzt stark gestiegenen Urananreicherung besorgt. Einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zufolge verfügte der Iran vor Beginn des israelischen Kriegs gegen das Land über mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Der Krieg begann am 13. Juni und dauerte zwölf Tage.

Für den Bau von Atomwaffen sind über 90 Prozent erforderlich. IAEA-Chef Rafael Grossi betonte mehrfach, der Iran sei der einzige Staat ohne Atomwaffen, der nahezu waffenfähiges Material herstelle. Die IAEA bemängelte auch ungeklärte Fragen ihrer Atomwächter.

Welche Rolle spielt Europa im Atomstreit mit dem Iran?

Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind neben den USA, Russland und China Mitunterzeichner des Wiener Atomabkommens von 2015. Der Deal sah eine Begrenzung der iranischen Uran-Anreicherung auf maximal 3,67 Prozent sowie strenge Überwachungen vor. Im Gegenzug wurden dem Land die Aufhebung harter Sanktionen in Aussicht gestellt.

In seiner ersten Amtszeit kündigte US-Präsident Donald Trump die Vereinbarung, die unter seinem Vorgänger Barack Obama unterzeichnet worden war, einseitig auf. Zugleich ließ Trump neue und härtere Sanktionen gegen den Iran verhängen. Die erhofften Sanktionserleichterungen und der wirtschaftliche Aufschwung blieben aus. In der Folge hielt sich auch Irans Führung nicht mehr an die Auflagen des Deals.

In den letzten Verhandlungen spielten die Europäer keine große Rolle mehr. Stattdessen verhandelten Washington und Teheran vor dem israelischen Krieg gegen das Land gut zwei Monate unter Vermittlung des Golfstaats Oman. Die E3-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) können jedoch als Mitunterzeichner des Wiener Atomdeals diplomatischen Druck ausüben.

Wie funktioniert der Snapback-Mechanismus?

Der Snapback-Mechanismus dient dazu, den Iran bei Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Wiener Atomdeals wieder mit Sanktionen belegen zu können. Nachdem das Abkommen faktisch nicht mehr umgesetzt wird, hat Teheran diese Maßnahme als illegitim kritisiert.

Dieser Mechanismus wurde im Jahr 2015 in einer UN-Resolution verankert. Er sieht praktisch keine Blockade-Möglichkeit für Länder wie Russland oder China vor. Denn nach der Auslösung des Snapback im UN-Sicherheitsrat ist zunächst eine Resolution zur Fortführung der bisherigen Sanktions-Erleichterungen vorgesehen. Eine Mehrheit unter den 15 Mitgliedern des Gremiums gilt aber als ausgeschlossen.

Kommt solch eine Entscheidung 30 Tage lang nicht zustande, dann greifen die früheren UN-Sanktionen aus den Jahren 2006 bis 2010 wieder – ohne weitere Abstimmung. Die E3 oder der Sicherheitsrat können jedoch den Snapback stoppen oder hinauszögern, falls der Iran innerhalb dieser Frist einlenkt.