Die Wechseljahre sind ein natürlicher Übergang im Leben jeder Frau – von der fruchtbaren zur unfruchtbaren Phase. Während viele Menschen sofort an Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen denken, ist es wichtig zu verstehen: Die Wechseljahre sind keine Krankheit, sondern eine normale Entwicklung des weiblichen Körpers. «Das ist ein langsamer Prozess, der nicht erst nach der letzten Periode beginnt», sagt die Gynäkologin und Autorin Sheila de Liz.
Was geschieht in dieser Lebensphase?
Ab Mitte bis Ende 30 beginnt sich der weibliche Zyklus natürlicherweise zu verändern. Die Anzahl der Eizellen nimmt über die Jahre ab, wodurch Eisprünge seltener werden. Während manche Frauen diese Veränderungen früh bemerken, nehmen andere sie erst mit Mitte oder Ende 40 wahr. Die Monatsblutungen können in ihrer Stärke variieren oder die Abstände werden unregelmäßiger – beides ist völlig normal.
Diese Phase wird auch Perimenopause genannt. Die Menopause, also die letzte Monatsblutung, tritt durchschnittlich mit 51 Jahren ein. Bis zu diesem Zeitpunkt ist eine Schwangerschaft weiterhin möglich.
In den Eierstöcken verringert sich allmählich die Produktion der Hormone Östrogen und Progesteron. «Wir wissen heute, dass Hormonrezeptoren an allen Organen sitzen, unter anderem auch im Gehirn», erklärt die Ärztin und Wissenschaftsjournalistin Suzann Kirschner-Brouns.
Wie wirken sich die Veränderungen aus?
Östrogene beeinflussen im Gehirn verschieden Botenstoffe, die für das seelische Wohlbefinden wichtig sind. Progesteron gilt auch als «Entspannungshormon» und unterstützt guten Schlaf und psychische Stabilität.
Wenn zunächst der Progesteronspiegel sinkt, kann dies zu Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Schlafstörungen oder gelegentlichen Ängsten führen. Einige Frauen haben das Gefühl, sich in dieser Zeit zu verändern – was durchaus normal ist, da der Körper eine wichtige Anpassung durchläuft.
Bei sinkendem Östrogenspiegel können weitere Symptome wie Gelenkbeschwerden, Verdauungs- oder Hautveränderungen sowie gelegentliche Konzentrationsschwierigkeiten auftreten. Auch die bekannten Hitzewallungen gehören zu den möglichen Begleiterscheinungen.
Wie helfen Ärztin oder Arzt – und Hormonpräparate?
Frauen erleben diese Lebensphase sehr individuell. «Ein Drittel der Frauen hat keine Beschwerden, ein Drittel hat leichte bis mittelschwere Symptome und ein Drittel hat so starke Symptome, dass diese Frauen den Alltag nicht mehr bewältigen können», sagt Kirschner-Brouns.
Die gute Nachricht: Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Stimmungsschwankungen werden bei fast allen Frauen mit der Zeit weniger und verschwinden schließlich von selbst.
Ärztliche Unterstützung ist dann sinnvoll, wenn starke Blutungen auftreten, der Schlaf über Wochen oder Monate stark beeinträchtigt ist oder extreme Konzentrationsstörungen, Depressionen oder Panikattacken das Leben erschweren.
Aber was, wenn man bei Ärztin oder Arzt nicht ernst genommen wird nach dem Motto «dafür sind Sie noch zu jung, Sie bekommen ja noch ihre Periode»? Dann sollte man sich einen anderen Arzt oder Ärztin suchen, empfiehlt Kirschner-Brouns.
«Frauen müssen heute nicht mehr still vor sich hin leiden, es gibt einen ganzen Blumenstrauß an hilfreichen Maßnahmen gegen Wechseljahresbeschwerden», sagt die Autorin.
Hormonell bedingte Beschwerden lassen sich am effektivsten mit einer Östrogen-Gestagen-Kombination behandeln, informiert das Bundesgesundheitsministerium. Da diese Behandlungen nicht risikofrei sind, sollten Frauen mögliche Vor- und Nachteile mit Ärztin oder ihrem Arzt deshalb abwägen. Sheila De Liz ermutigt Frauen, sich zu informieren und Arzt oder Ärztin gegebenenfalls auf eine Hormonersatztherapie anzusprechen. «Man kann es gut testen, die positive Wirkung setzt schnell ein», sagt die Gynäkologin.
Sollte dies nicht der richtige Weg sein, gibt es weitere Optionen wie Psychotherapie oder Kognitive Verhaltenstherapie. Hilfe versprechen auch etliche Webangebote und Apps – aber nicht alle sind fundiert, und derzeit (Stand August 2025) gibt es keine Digitale Gesundheits-Anwendung (DiGA), die von Medizinern verschrieben werden könnte.
Was können Frauen selbst für Ihr Wohlbefinden tun?
In Sachen Selbsthilfe steht für Kirschner-Brouns an erster Stelle die Stressreduktion beziehungsweise der gute Umgang mit Stress. Viele Frauen empfinden auch Entspannungstechniken, Atemtrainings, Yoga und Meditation als hilfreich.
Auch die Ernährung kann unterstützend wirken: der Austausch von tierischem gegen pflanzliches Protein – weniger Fleisch und Aufschnitt, dafür mehr Hülsenfrüchte, Gemüse und pflanzliche Öle. «Dadurch stärkt man das Mikrobiom im Darm, was ebenfalls gut für die Psyche ist», sagt Kirschner-Brouns.
Regelmäßige Bewegung, insbesondere Muskelaufbau, wird jetzt besonders wertvoll. Sport hilft nachweislich beim Entspannen und kann die Stimmung heben.
Und pflanzliche Alternativen?
Symptome, die weniger ausgeprägt sind, können Kirschner-Brouns zufolge mit pflanzlichen Mitteln wie Hopfenpräparate und Mönchspfeffer oder Kräutern und Tee wie zum Beispiel Salbei gegen übermäßiges Schwitzen behandelt werden.
In Drogerien und Apotheken gibt es etliche pflanzliche Präparate und Nahrungsergänzungsmittel, die Wechseljahresbeschwerden lindern sollen. Deren Nutzen ist allerdings bislang nicht belegt, etliche können Neben- oder Wechselwirkungen haben.
Produkte, die pflanzliche Östrogene enthalten, auch Phytoöstrogene genannt, sollten nur nach Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin eingenommen werden dürfen, da sie an dieselben Östrogenrezeptoren im Körper andocken wie die gängigen Hormonersatzpräparate.
Die Kraft des offenen Gesprächs
Beide Expertinnen empfehlen, das Thema Wechseljahre oder damit zusammenhängende Beschwerden offen anzusprechen – am Arbeitsplatz, in der Familie und in der Partnerschaft. «Der offene Umgang nimmt den Druck», sagt Kirschner-Brouns.
Besonders in Partnerschaften ist Kommunikation wichtig: Wenn aufgrund trockenerer Vaginalschleimhaut Intimität schmerzhaft wird, sollte dies offen besprochen werden. Ohne diese Erklärung könnte der Partner die Zurückhaltung persönlich nehmen, was die Beziehung unnötig belastet.
Die positive Seite der Veränderung
Viele Frauen entdecken in dieser Lebensphase neue Freiheiten und Möglichkeiten – nicht nur, weil die Verhütung wegfällt. Bei einer Lebenserwartung von über 80 Jahren beginnt der dritte Lebensabschnitt, so der Berufsverband der Frauenärzte (BVF), «der zwar eine andere Aufmerksamkeit für Körper und Seele verlangt, aber eine erfüllte Lebenszeit mit vielen Aktivitäten und Vorzügen sein kann». Für die Übergangsphase gilt: «Sie schreiben Ihr eigenes Buch» – eine Einladung, diese Zeit als Chance für Neues zu begreifen.