Als Simon Liedtke mit dem letzten Treffer für die Entscheidung sorgt, ist der Jubel im Finale der Deutschen Baseball Liga (DBL) groß. Durch seinen Schlag fliegt der Ball so weit, dass die Gegner ihn erst spät klären können – und da zwei seiner Teamkollegen es zurück zur «Base» schaffen, krönt der 24-Jährige seine Heidenheim Heideköpfe damit zum deutschen Meister. «Das war schon einer der besten Momente in meinem Leben», sagt Liedtke. «Wir spielen dreieinhalb Stunden. Da musst du erst einmal das Glück haben, in dem Moment am Schlag zu sein.»

Knapp 1.000 Zuschauer sind im «Ballpark» dabei, als Heidenheim gegen die Guggenberger Legionäre in letzter Sekunde noch das Comeback gelingt. Auch viele Gästefans aus Regensburg feuern lautstark an – können aber nur zusehen, wie die Legionäre ihre Führung in der Verlängerung noch verspielen. Eine solche Stimmung hat selbst Liedtke nur selten erlebt, sagt er: «Es war Wahnsinn.»

Kann der deutsche Baseball aus dem Schatten springen?

Was an einem Sonntag in Heidenheim zum großen Spektakel wird, ist in Deutschland dennoch eher eine Randerscheinung. In den USA gehört Baseball zu den beliebtesten Sportarten, auch in Teilen von Asien und Südamerika spielt es eine große Rolle. In der nordamerikanischen Major League Baseball (MLB) zeigt sich das finanziell: Die New York Mets zahlen ihrem Baseball-Superstar Juan Soto über 15 Jahre mindestens 765 Millionen US-Dollar aus – vom Gesamtwert her der teuerste Vertrag eines Mannschaftssportlers überhaupt.

An solche Zahlen kommt in Deutschland kein Sport heran – erst recht nicht der Baseball, der weit hinter Fußball, Handball und Co. stehen dürfte. Wenn es nach dem Liga-Generalsekretär Markus Jaisle geht, soll der Abstand künftig kleiner sein. Die DBL soll bekannter werden, etwa mit besseren Livestreams, in denen neuen Zuschauern die Regeln erklärt werden. Aber auch vor Ort, sagt er: «Wenn du mal da bist und diese Faszination gespürt hast, kommst du auch gerne mit.»

Im Baseball gehe es für Fans nur nicht um das «Gewinnen und Verlieren», findet Jaisle – sondern auch darum, dass sie während der langen Partien auch abseits des Platzes eine gute Zeit haben. Das Spiel in Heidenheim hat Dorfcharakter: Viele der Zuschauer schauen auf selbst mitgebrachten Camping-Stühlen zu und kommen zwischendurch zum Quatschen, die Kinder probieren sich mit Schläger und Handschuh selbst aus. «Die Kids können frei herum springen – das können sie im Fußball heutzutage gar nicht mehr machen», sagt Jaisle.

MLB greift deutscher Liga unter die Arme

Zur Strategie gehört zudem ein professionellerer Auftritt – auch mit Unterstützung der MLB, die Jaisles Stelle als Generalsekretär finanziert. Zur neuen Saison verpasste sich die vormalige Baseball-Bundesliga eine neue Marke, zudem gründeten die Vereine im Juli einen Liga-Verband. Markus Pollmeier, Vizepräsident des Deutschen Baseball-Verbands, sieht das als wichtigen Schritt: «Wenn ich den größten Erfolg aus diesem Jahr bemessen müsste, dann wäre es, dass erstmals gefühlt alle an einem Strang ziehen.»

Wenn es nach den Verantwortlichen geht, soll es auch mehr Breitensportler zum Baseball treiben. Wie einst Max Kepler, der im September sein zehnjähriges Jubiläum als Profispieler in der MLB feierte. Der Berliner hatte seine Karriere einst in Regensburg begonnen. «Wenn ich als Kind gesagt habe, ich gehe jetzt zum Baseball-Training – dann haben mich immer alle lustig angeschaut», sagte er im Sport1-Interview. «Man muss schon ein bisschen einen anderen Weg gehen, um diesen Sport wirklich weiterzubringen.»

Als Nationalspieler ist Kepler nicht aktiv – schließlich muss er mehrmals die Woche in der MLB ran, wo den Profis selten Zeit für internationale Turniere bleibt. Für die Ambitionen des Verbands spielt das Nationalteam dennoch eine wichtige Rolle. Pollmeier sieht etwa den deutschen Basketball als Vorbild, der mit dem WM-Triumph 2023 einen richtigen «Push» bekommen habe. «Die Sportart ist ja quasi explodiert dadurch», sagt der DBV-Vizepräsident.

Deutsche Nationalmannschaft will bei Olympia mitspielen

Mit Spielern wie Jaden Agassi – Sohn der einstigen Tennisstars Steffi Graf und Andre Agassi – verpasste Deutschland im März die erhoffte WM-Qualifikation. Besser lief es beim Nachwuchs, auf den der Verband besonders stolz ist. Bei der U18-WM wurde Deutschland Zehnter. Das womöglich wichtigste Turnier steht jedoch erst in knapp drei Jahren an: Bei den Olympischen Sommerspielen 2028 in Los Angeles gehört Baseball einmalig wieder zum Programm.

Im Stadion der LA Dodgers könnten dann sogar Top-Spieler aus der MLB mit antreten. Neben den USA als Gastgeber sind bei dem Mini-Turnier nur fünf Startplätze zu vergeben – der deutsche Verband will jedoch unbedingt dabei sein. «Das ist das klar vorgegebene Ziel. Und wenn wir das schaffen, werden wir auch eine ganz andere öffentliche Wahrnehmung haben», hofft Pollmeier. 

Zunächst richtet sich der Blick aber auf die EM in diesem Jahr, in der Deutschland seit dem 20. September in den Niederlanden antritt. Simon Liedtke ist nicht dabei. Er spielte zwar schon mal für die Nationalmannschaft, reiste nach seinem entscheidenden Schlag im Liga-Finale aber weiter nach Australien – wo er nach einer spontanen Bewerbung in der dortigen Spitzenliga antreten wird. Doch das «übergeordnete Ziel» ist auch für Liedtke ganz klar: Olympia. «Das ist mein Traum. Ich würde alles dafür geben, da mal mitzuspielen.»