Einige Soldatenfiguren der sogenannten Terrakotta-Armee im Mausoleum Qin Shihuangdis. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Penghua/SIPA Asia via ZUMA Wire/dpa)

Die Bauern hofften bei ihren Grabungen an Wasser zu gelangen, stattdessen stießen sie auf gänzlich Unerwartetes: Die harte, rote Erde enthielt Spitzen alter Bronzepfeile und bröckelige Überreste lebensgroßer Köpfe aus Ton. Der Zufallsfund sollte sich als eine der bedeutendsten archäologischen Entdeckungen des 20. Jahrhunderts entpuppen: die Terrakotta-Armee, ein Heer aus Ton, errichtet für das Mausoleum von Qin Shi Huang, den ersten Kaiser Chinas. 

50 Jahre ist es her, dass am 29. März 1974 nordöstlich der zentralchinesischen Stadt Xi’an am Fuße des Lishan-Gebirges die ersten Hinweise auf die Terrakotta-Krieger gefunden wurden. Xi’an ist eine Stadt mit mehr als 3100-jähriger Geschichte und war die Hauptstadt von 13 Dynastien.

Rund 8000 Kriegerfiguren wurden gefunden, die als Leibwache den Kaiser auch nach seinem Tod beschützen sollten. Heute ist das Terrakotta-Museum eine der bekanntesten Touristenattraktionen der Volksrepublik. Auch Staatsgäste und Prominente, die nach China reisen, lassen sich einen Stopp im Terrakotta-Museum von Xi’an oft nicht entgehen. Unter anderem waren die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Michelle Obama, Ehefrau des früheren US-Präsidenten Barack Obama, schon hier.

Terrakotta-Krieger faszinieren nicht nur Archäologen

Seit 1987 gehört die letzte Ruhestätte des Kaisers Qin offiziell zum Weltkulturerbe der Unesco. Die Terrakotta-Krieger und -Pferde besäßen «außergewöhnliche technische und künstlerische Qualitäten», begründeten die Experten ihre Entscheidung. Die Armee sei ein «einzigartiges Zeugnis» der militärischen Organisation in China zur Zeit der Streitenden Reiche (475-221 v. Chr.) und des kurzlebigen Kaiserreichs der Tausend Generationen (221-210 v. Chr.).

Auch ein halbes Jahrhundert nach ihrer Entdeckung faszinieren die Terrakotta-Krieger Archäologen. Längst sind nicht alle Rätsel gelöst. Und mit dem Fortschritt der Technik eröffnen sich auch neue Möglichkeiten der Restaurierung und Konservierung.

So gibt es im Museum eine Art «Krankenhaus» für die Relikte. Dort, so berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua im Oktober, werden die ausgegrabenen Krieger mit Röntgen- und Ultraschallbildern sowie weiteren Verfahren untersucht.

Drei Gruben

Die Ausgrabungsstätte gliedert sich in drei Hauptbereiche. Grube 1 wurde zuerst gegraben und ist bis heute die bekannteste. Hier befand sich die Hauptinfanterieeinheit der Armee. Grube 3, die Ende der 1980er-Jahre fertig gegraben wurde, enthält die Figuren mehrerer hochrangiger Offiziere in einem kleinen Kommandoposten.

Als entscheidendes Puzzlestück für das Verständnis des Terrakotta-Krieger-Komplexes gilt jedoch Grube 2, auf die sich die Forschung nun konzentriert. Erste Ausgrabungen fanden hier 1994 und nach einer Pause wieder ab 2015 statt.

Wie Grabungsleiter Zhu Sihong im vergangenen Jahr dem chinesischen Online-Portal «Sixth Tone» berichtete, deuten die Untersuchungen darauf hin, dass hier vor allem die «Spezialeinheiten» der Armee beheimatet waren: eine gemischte Einheit aus berittenen Truppen, Bogenschützen und Streitwagen. Von den neuen Funden erhofft sich Zhu noch nie dagewesene Einblicke in die Funktionsweise einstiger Armeen.

Und nicht nur die Terrakotta-Krieger selbst, auch der riesige Mausoleumskomplex in Xi’an dürfte noch Generationen von Archäologen beschäftigen.

Von Jörn Petring, dpa

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