Immobilienpreise steigen im Rekordtempo – Warnung vor Blase
Auch die Pandemie hat den Immobilienboom in Deutschland nicht gestoppt - zum Leidwesen von Mietern und Wohnungskäufern. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa)

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland steigen in Rekordgeschwindigkeit. Im dritten Quartal verteuerten sich Wohnungen und Häuser im Schnitt um 12 Prozent gemessen am Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.

Das sei bereits das zweite Mal in Folge der größte Preisanstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000. Nicht nur in Großstädten, sondern auch auf dem Land schießen die Preise hoch.

Schon im zweiten Quartal hatten die Wiesbadener Statistiker ein Plus von 10,8 Prozent errechnet – diese Rate wurde nun trotz Corona-Krise übertroffen. Der Boom alarmiert Ökonomen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte vor einem Platzen von Immobilienblasen in einigen Städten.

Einen Anstieg von 14,5 Prozent für Häuser und Wohnungen stellte das Bundesamt in den sieben größten Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf fest. Aber auch in dünn besiedelten ländlichen Kreisen stiegen die Preise rasant: Dort verteuerten sich Ein- und Zweifamilienhäuser um 15,5 Prozent zum Vorjahresquartal und Eigentumswohnungen um 11,2 Prozent.

In dichter besiedelten ländlichen Kreisen legten die Wohnungs- und Häuserpreise ebenfalls stark zu: Ein- und Zweifamilienhäuser kosteten im Schnitt 12 Prozent mehr als im Vorjahresquartal und Eigentumswohnungen 12,3 Prozent.

Viele Faktoren für steigende Preise

Niedrige Zinsen, knapper Wohnraum, fehlende Anlagealternativen gerade für Großinvestoren und eine robuste Wirtschaft treiben den Immobilienboom seit langem an. Zugleich treiben teures Material wie Holz, Zement und Stahl sowie knappe Kapazitäten in der Bauwirtschaft die Baupreise hoch. Mit der Pandemie und dem Trend zum Homeoffice sind Immobilien auch auf dem Land zunehmend gefragt.

Nach mehr als einem Jahrzehnt steigender Preise hält das DIW nun in den kommenden Jahren größere «Preiskorrekturen» in Berlin, München, Hamburg, aber auch in anderen großen Städten sowie Uni-Städten für möglich. Es könne sinkende, aber auch stagnierende Preise geben, sagte Studienautor Konstantin Kholodilin. Die spekulativen Übertreibungen nähmen zu. Betroffen seien besonders Eigentumswohnungen und Baugrundstücke in großen Städten.

«Die Zeichen mehren sich, dass die Wohnungspreise in einigen Städten und Marktsegmenten nicht mehr allein durch die Entwicklung der Mieten und die niedrigen Zinsen zu erklären sind», erklärte Kholodilin. «In den nächsten Jahren kann es dort zu Preiskorrekturen kommen, also zum Platzen von Immobilienpreisblasen.» Die Erfahrung anderer Länder zeigt demnach jedoch, dass die Preise beim Platzen einer Blase nicht so tief sinken wie sie zuvor gewesen waren.

Das DIW wertete Daten aus den 114 größten deutschen Städten aus. Kaufpreise für Wohneigentum stiegen demnach in diesem Jahr um neun Prozent, die Mieten wuchsen dagegen etwa nur halb so stark. Damit setzte sich der Trend der zehn Vorjahre fort. Das zunehmende Auseinanderklaffen deute auf Spekulationsblasen hin, hieß es. In vielen Fällen zeigten sich explosive Muster in der Preisentwicklung.

Keine Gefahr für das Finanzsystem

Die Gefahr einer flächendeckenden Immobilienblase sei jedoch überschaubar. Insgesamt seien Häuser solide finanziert. Es deute nichts auf Gefahren für die Finanzstabilität durch platzende Preisblasen hin. Zudem werde die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt kleiner.

Warnungen vor Blasen gab es im Immobilienboom schon oft – doch die Preise stiegen immer weiter. Von 2010 bis 2020 verteuerten sich gebrauchte Eigentumswohnungen um 85 Prozent und Ein- und Zweifamilienhäuser um 75 Prozent, wie jüngst der Marktbericht der amtlichen Gutachterausschüsse zeigte. Auch sie halten die Märkte in den Metropolen für überhitzt. Deutlich angezogen haben die Preise auch an Nord- und Ostsee sowie im Alpenvorland.

Auch die Bundesbank warnt seit Jahren vor Überhitzungen. «Unseren Berechnungen zufolge liegen die Preise von Wohnimmobilien um 10 bis 30 Prozent über dem Wert, der durch Fundamentaldaten gerechtfertigt ist. Das sehen wir zunehmend auch außerhalb der Ballungsräume», sagte Vizepräsidentin Claudia Buch im November.

Wegen der steigenden Preise schwinde für immer mehr Menschen die Aussicht auf die eigenen vier Wände, warnte das DIW. Kurzarbeitergeld und andere Leistungen hätten bisher dafür gesorgt, dass die meisten Haushalte ihre Miete zahlen könnten. «Auch um Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt zu verhindern, sollten die staatlichen Corona-Hilfen daher nicht zu früh zurückgefahren werden», empfehlen die Ökonomen.

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