Jährlich werden bisher mehr als 40 Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Wüstneck/dpa)

Mit dem massenhaften Töten männlicher Küken in der Legehennenhaltung in Deutschland muss ab diesem Samstag Schluss sein. Nach jahrelangen Diskussionen greift zum 1. Januar 2022 ein Verbot, das in einer zweiten Stufe ab 2024 weitere Verschärfungen vorsieht.

Künftig sollen Verfahren auf breiter Front einsetzbar sein, um das Geschlecht schon im Ei zu erkennen und männliche Küken gar nicht erst schlüpfen zu lassen. Tierschützer begrüßten das noch von der alten Bundesregierung auf den Weg gebrachte Verbot als überfällig, fordern aber weitere Verbesserungen. Die Branche warnte vor Schwierigkeiten.

Das Problem: Jährlich werden bisher mehr als 40 Millionen männliche Küken in Deutschland kurz nach dem Schlüpfen routinemäßig getötet, weil sie für Brütereien wirtschaftlich nicht lohnend sind. Denn sie legen keine Eier und setzen nicht so viel Fleisch an. Teils ist von «Schreddern» die Rede, die Küken werden aber meist mit Gas getötet. Dabei legt das Tierschutzgesetz fest, dass niemand einem Tier «ohne vernünftigen Grund» Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Das Bundesverwaltungsgericht entschied 2019, dass Tierschutzbelange schwerer wiegen als wirtschaftliche Interessen der Hennenzüchter und erklärte die Praxis nur noch für eine Übergangszeit für zulässig.

Das Verbot: Künftig heißt es im Tierschutzgesetz: «Es ist verboten, Küken von Haushühnern der Art Gallus gallus zu töten.» Ausgenommen sind Maßnahmen bei Tierseuchen oder Tierversuche. Zum 1. Januar 2024 folgt eine Verschärfung bei der Geschlechtsbestimmung im Ei. Erlaubt sind dann nur noch Methoden, die frühzeitiger funktionieren – tabu werden Eingriffe ab dem 7. Tag des Bebrütens. Hintergrund ist, dass Embryos ab dann ein Schmerzempfinden haben, wie das Ministerium erläuterte. Derzeit seien Verfahren zwischen dem 9. und dem 14. Tag marktreif. Insgesamt dauert es 21 Tage, bis Küken schlüpfen.

Die Branche: Der Vorsitzende des Bundesverbands Ei, Henner Schönecke, sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung», die Verschärfung bei der Geschlechtsbestimmung sei ein «Geburtsfehler» des Gesetzes. Die Anforderungen erfülle noch keine schon eingesetzte Technologie. «Es investiert doch jetzt keine Brüterei Millionenbeträge in ein System, das ab 2024 nicht mehr verwendet werden darf.» Die zweite Gesetzesstufe sollte daher ausgesetzt werden. Schon jetzt sei zu beobachten, dass bei verarbeiteter Ware mehr billigere Eier aus dem Ausland verwendet würden. «Der komplette Markt für Eier, Kuchen und so weiter bricht derzeit für deutsche Legehennenhalter weg.»

Die Tierschützer: Der Deutsche Tierschutzbund nannte das Verbot lange überfällig. Den meisten Verbrauchern sei aber nicht bewusst, dass auch für Eier, die der Handel schon mit der Angabe «ohne Kükentöten» vermarktet, bis 2024 noch schmerzempfindliche Embryonen oder sogar Küken getötet wurden. Zudem sei das Grundproblem nicht vom Tisch, kritisierte Präsident Thomas Schröder Mitte Dezember: «der Wahnsinn der Hochleistungszucht, der Effizienzdruck auf Kosten der Tiere.» Die neue Regierung müsse schnell eine Gesamtstrategie erarbeiten und die Förderung gesünderer und robusterer Hühnerrassen vorantreiben.

Die weitere Umsetzung: Beim Umstellen kommt es neben den Tierhaltern nun auch auf Supermärkte und Verarbeiter an. Viele Handelsketten hätten schon im Vorfeld reagiert und angekündigt, nur noch Eier ohne Kükentöten im Sortiment anzubieten, erläuterte das Ministerium. Das Gesetz zeige, dass Tierschutz und Wirtschaftlichkeit zusammengehen. «Wir verhindern damit, dass die Brütereien ins Ausland abwandern und dann Eier aus Ländern importiert werden, für die ein solcher Ausstieg noch keine Rolle spielt.» Auch in anderen EU-Staaten sei das Thema im Blick. Neben der Geschlechtsbestimmung im Ei sei eine weitere Option, «Zweinutzungshühner» zu züchten: Weibliche Küken wachsen dabei zu Legehennen heran, die aber nicht so viele Eier legen. Männliche Küken werden zur Mast aufgezogen, legen aber langsamer an Gewicht zu.

Von Sascha Meyer, dpa

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