Dank einer höheren Auslandsnachfrage haben Deutschlands Möbelhersteller ihr Geschäft im zweiten Corona-Jahr etwas steigern können. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Friso Gentsch/dpa)

Wer sich eine neue Küche, ein Sofa oder ein Bett kaufen will, der wird bald wohl tiefer in die Tasche greifen müssen. Denn die deutschen Möbelhersteller machen klar, dass sie vom Handel bald mehr Geld haben wollen für ihre Ware.

Grund sind deutlich höhere Kosten für Bauteile und Logistik angesichts der globalen Lieferketten-Probleme. «Es ist eine nahezu notwendige betriebswirtschaftliche Folge, diese extremen Preissteigerungen in irgendeiner Form weiterzugeben», sagte der Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie, Jan Kurth, in Bad Honnef.

Er prognostizierte für dieses Jahr ein Umsatzplus von 10 Prozent für die deutsche Möbelindustrie – und zwar wegen besagter Preiseffekte und nicht, weil die Firmen mehr Möbel verkaufen.

Werden deutsche Möbel also zehn Prozent teurer für den Verbraucher? Nein, so einfach ist es nicht. Denn der Anteil des Produkteinkaufs am Endpreis liegt grob gesagt nur bei 50 Prozent, den Rest machen weitere Kosten für den Händler und dessen Gewinnmarge aus. Eine Beispielrechnung: Würde der Industrie-Teil im Schnitt um zehn Prozent steigen und blieben die restlichen Preiskomponenten gleich, würde der Ladenpreis um fünf Prozent steigen.

Bei einzelnen Händlern habe man bereits Preiserhöhungen im einstelligen Prozentbereich gesehen, sagte der Geschäftsführer des Handelsverbands Möbel und Küchen (BVDM), Christian Haeser. «Wenn die Warenknappheit und auch die Lieferschwierigkeiten andauern, dann kann es auch zu weiteren Preiserhöhungen kommen.» Man sollte aber abwarten, «inwiefern sich das summa summarum niederschlägt».

Klar ist: Die deutschen Möbelfabrikanten sind in einer schwierigen Lage. Zwar haben sie in der Pandemie vom «Cocooning»-Trend profitiert – anstatt zu reisen oder für anderweitige Freizeitaktivitäten Geld auszugeben, investierten die Menschen in die eigenen vier Wände oder in den Garten, um es da schön zu haben. Doch die zwischenzeitliche Schließung von Filialen als Corona-Maßnahme war Gift fürs Geschäft und die Lieferketten-Probleme sind es immer noch. Unlängst ergab eine Branchenumfrage, dass die Produktion von 44 Prozent der Möbelfirmen wegen Materialknappheiten eingeschränkt oder verzögert war.

Die Lage bei Polsterschäumen und anderen Zulieferprodukten stabilisierte sich zuletzt zwar etwas, aber Engpässe bei Verpackungen und elektronischen Bauteilen verschärften sich. Als Beispiel für die explodierenden Kosten wies Industrievertreter Kurth darauf hin, dass Holzwerkstoffe – etwa Spanplatten – sich im Dezember 2021 zum Vorjahresmonat um 40,2 Prozent verteuert hätten. Ein Ende der Fahnenstange bei Rohstoff-Kostenerhöhungen sieht der Verbandsgeschäftsführer noch nicht gekommen. Dass solche Entwicklungen zu höheren Preisen gegenüber dem Handel führen, daran werde «kein Weg vorbeiführen», betonte Kurth.

Die in den Raum gestellten zehn Prozent sind aus Sicht von Branchenexperten allerdings ein hoher Wert. Ralph Niederdrenk vom Beratungsunternehmen PwC äußerte Zweifel, dass die Industrie so eine kräftige Preiserhöhung durchsetzen könnte. Für Endkunden werde die Preisentwicklung in den einzelnen Segmenten ohnehin sehr unterschiedlich verlaufen: Aufgrund der Materialpreissteigerungen dürften sich billige Discount-Waren prozentual stärker verteuern als hochwertige Designmöbel oder individualisierte Einrichtungslösungen.

Mit dem avisierten Preisaufschlag steht die deutsche Möbelindustrie nicht allein da. Der schwedische Möbelriese Ikea hatte unlängst angekündigt, die Preise wegen höherer Kosten um neun Prozent anheben zu wollen. Auch andere ausländische Hersteller dürften wegen der höheren Rohstoff- und Logistikkosten die Preise erhöhen, sagt PwC-Experte Niederdrenk. Im Wettbewerb um die Kundengunst werden die deutschen Fabrikanten nach seiner Einschätzung also keinen Nachteil haben, weil ihre Produkte teurer werden – vielmehr sei das ein allgemeiner Trend am Möbelmarkt.

Gut möglich, dass Endkunden die höheren Preise mitunter gar nicht so mitbekommen. Denn viele Möbelhäuser setzen traditionell auf zeitlich befristete Rabatte. Das dürfte auch künftig so bleiben – nur dass die Firmen wohl auf niedrigere Preisnachlässe setzen als zuvor.

In Deutschland gibt es den Angaben zufolge 459 Möbelhersteller, die mindestens 50 Beschäftigte haben. Bei diesen Firmen arbeiten rund 79.000 Menschen. Der Umsatz der Industrie stieg 2021 um rund 2 Prozent auf 17,5 Milliarden Euro, wie die Verbände der deutschen Möbelindustrie mitteilten. Das sei «eine ganz gute Bilanz» für die Branche, sagte Geschäftsführer Kurth. Das Vor-Corona-Niveau von 17,9 Milliarden Euro im Jahr 2019 wurde aber nicht ganz erreicht. Hersteller von Polstermöbeln, Küchen und Büromöbeln verbuchten mehr Erlöse, Fabrikanten von Betten, Ess- oder Wohnzimmertischen weniger.

Von Wolf von Dewitz, dpa

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