Im Ringen um bessere Bedingungen in den Ställen kommt Bewegung in die Supermarkt-Sortimente. Bei der im Handel eingeführten Haltungskennzeichnung ging der Anteil von Schweinefleisch zurück, das aus Ställen nur mit den gesetzlichen Mindeststandards stammt.
Auf die unterste Stufe 1 der vierstufigen Kennzeichnung entfallen nun noch 21,6 Prozent. Das geht aus neuen Daten der Trägergesellschaft hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. In Stufe 2 mit etwas höheren Anforderungen sind jetzt 68,3 Prozent der gekennzeichneten Ware. In früheren Erhebungen entfielen noch rund 80 Prozent des Schweinefleisches auf Stufe 1 und unter zehn Prozent auf Stufe 2.
Preisaufschläge für Tierwohlanforderungen
Hintergrund der Verschiebung sind Weiterentwicklungen bei der von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Handel getragenen «Initiative Tierwohl», wie ein Sprecher erläuterte. Dabei bekommen teilnehmende Bauern Preisaufschläge für zusätzliche Tierwohlanforderungen. Durch die Neuregelungen seien nun mehr Betriebe und mehr Tiere in diesen Programmen – nämlich etwa 35 Prozent statt zuvor 25 Prozent der in Deutschland gehaltenen Schweine. Zugleich könne auf mehr Produkten in den Kühlregalen das Logo der «Initiative Tierwohl» angebracht werden.
Die einheitliche Kennzeichnung für Fleisch und Wurst mit dem Aufdruck «Haltungsform» hatten die großen Supermarktketten 2019 gestartet. Sie beginnt in Stufe 1 mit den gesetzlichen Mindestanforderungen. Die Stufe 2 «Stallhaltung plus» verspricht mindestens zehn Prozent mehr Platz und zusätzliches Beschäftigungsmaterial. Stufe 3 namens «Außenklima» garantiert Tieren noch mehr Platz und Frischluftkontakt. Bei Stufe 4 («Premium») haben sie außerdem Auslauf im Freien. Auch Biofleisch wird in diese Stufe eingeordnet. Die Kennzeichnung ist den Angaben zufolge in mehr als 20 000 Supermarktfilialen zu finden, die Händler kennzeichnen rund 90 Prozent ihrer Fleischsortimente damit.
Deutliche Verbesserung erwartet
Bei Rindfleisch stammen laut den neuen Daten mit Stand von November vergangenen Jahres noch 85,6 Prozent aus der untersten Stufe 1 – und nur 0,9 Prozent aus Stufe 2. Im Lauf des Jahres sei aber eine große Verschiebung hin zur Stufe 2 zu erwarten, erläuterte der Sprecher der Trägergesellschaft. Hintergrund sei, dass die «Initiative Tierwohl» ihr Programm mit Preisaufschlägen für zusätzliche Anforderungen auch auf Rinder ausweitet. Ab dem 15. März können sich Betriebe anmelden.
Auf die höhere Stufe 3 entfallen bei Rindfleisch nun 2,0 Prozent der gekennzeichneten Waren, aus Stufe 4 stammen 11,5 Prozent. Bei Schweinefleisch entfallen 5,3 Prozent auf Stufe 3 und 4,8 Prozent auf die höchste Stufe 4. Bei Geflügelfleisch dominiert weiterhin Stufe 2 mit nun 86,0 Prozent bei Hähnchen und 94,1 Prozent bei Puten.
Neuregelungen für mehr Tierschutz in den Ställen und eine klarere Kennzeichnung für Verbraucher stehen auch auf der politischen Agenda. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP will noch in diesem Jahr eine verpflichtende Haltungskennzeichnung an den Start bringen, die auch Transport und Schlachtung umfassen soll.
Verpflichtende Haltungskennzeichnung soll kommen
Bundesagrarminister Cem Özdemir hat bereits deutlich gemacht, dass das Handelssystem nicht gleich die Lösung bedeuten könne. Es seien alle aufgefordert mitzumachen und sich einzubringen. «Aber es ersetzt nicht staatliches Handeln», sagte der Grünen-Politiker im Januar. So habe er noch nicht gehört, dass es mit einer Finanzierung für den Umbau von Ställen einhergehe, wenn Händler wie angekündigt Fleisch der unteren Haltungsstufen aus dem Angebot nehmen wollen.
Damit Bauern nicht allein auf Stall-Investitionen und laufenden Mehrkosten sitzen bleiben, soll ebenfalls in diesem Jahr ein Modell für eine gesicherte Finanzierung auf den Weg kommen. Es geht um ein «solidarisches Abgabesystem auf Fleischprodukte», wie Özdemir sagte. Auf dem Tisch liegen auch schon Vorschläge von Expertenkommissionen. Im Gespräch ist unter anderem eine «Tierwohlabgabe», denkbar wären 40 Cent mehr pro Kilo Fleisch. Unabhängig davon plant das Ministerium eine zusätzliche Finanzspritze als Anschubfinanzierung für den Umbau.