Der Bundesgerichtshof (BGH) muss heute einen langjährigen Streit zwischen dem Autobauer Porsche und den Erben eines ehemaligen Chef-Konstrukteurs schlichten – zumindest juristisch.
Es geht um die Frage, ob die Hinterbliebenen von Erwin Komenda Anspruch auf eine Beteiligung am Erfolg des Sportwagen-Klassikers 911er haben – auch für Fahrzeuge, die Jahrzehnte nach Komendas Tod 1966 verkauft wurden. Es geht dabei um komplexe Fragen des Urheberrechts. (Az.: I ZR 222/20)
Denn Komenda gilt zwar als Urheber der äußeren Gestaltung der Karosserie für das Vorgängermodell Porsche 356. Doch diese habe für die Baureihe aus den 2010er Jahren des Nachfolgemodells 911 allenfalls als Anregung gedient, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im November 2020. Daraus ergebe sich kein Anspruch auf Beteiligung nach dem Urheberrechtsgesetz. Komendas Tochter Ingrid Steineck scheiterte in zweiter Instanz mit ihrer Klage. Sie fordert maximal fünf Millionen Euro und hat Revision eingelegt.
Bei der Verhandlung am BGH in Karlsruhe im Dezember diskutierten die Anwälte unter anderem darüber, wie weit eine Neugestaltung vom Vorgänger abweichen muss, damit Ansprüche entfallen. Ein Aspekt dabei ist, inwiefern die Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 im Modell 911 wiedererkennbar ist – und wie das definiert wird.
Für Steinecks Anwalt war die Wiedererkennbarkeit – wenig überraschend – «mit Händen zu greifen». Hingegen argumentierte der Porsche-Anwalt, es komme auf den Gesamteindruck an. Der 356 sei nur frei als Vorlage benutzt und nicht zum 911 umgestaltet worden, sagte er.
Gegebenenfalls müsse der BGH beim Europäischen Gerichtshof für eine Auslegung des Rechts anfragen, sagte der Vertreter der Klägerin. Seit 2002 ist das Urheberrecht in der EU vereinheitlicht.
Der Streit zwischen Familie Steineck und Porsche zieht sich schon über Jahre. Komendas Enkelin lud beispielsweise 2014 zu einer Pressekonferenz, um unter dem Titel «Der Porsche-Schwindel» aufzuklären, wer aus ihrer Sicht für die Entwürfe der sogenannten Porsche-DNA verantwortlich ist. Der Autobauer verwehrte ihr den Zutritt zum Archiv, wie der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch in der Verhandlung sagte. Der Anwalt sprach sogar von einem Hausverbot.
Der Porsche-Fall ist auch nicht der einzige: In Braunschweig hatte die Familie Ansprüche gegen den Mutterkonzern Volkswagen wegen des Designs des VW Käfers und seines Nachfolgers New Beetle geltend machen wollen. Erst im März wies das Oberlandesgericht die Berufung der Erbin ab und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Braunschweig, wonach der Klägerin kein Anspruch auf eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des VW-Käfers zustehe (Az.: 2 U 47/19).
Als Käfer-Schöpfer gilt übrigens Autokonstrukteur Ferdinand Porsche. Von dessen Enkel Ferdinand Alexander stammt der Entwurf für den 911er – zumindest, wenn es nach dem Stuttgarter Autobauer geht.