Tesla-Chef Elon Musk will Twitter übernehmen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Susan Walsh/AP/dpa)

Elon Musk, der reichste Mensch der Welt, will Twitter kaufen – doch es ist fraglich, ob seine Übernahmeattacke gelingt. Der Tesla-Chef ist darauf angewiesen, dass genug Anteilseigner ihm ihre Aktien zum angebotenen Preis von 54,20 Dollar abtreten. Twitter setzte sich zur Wehr.

Die Gegenmaßnahme sieht vor, dass andere Aktionäre zusätzlich Anteile günstig kaufen können, wenn ein Aufkäufer die Marke von 15 Prozent überschreitet. Der Schritt ist eine klassische «Giftpille», zu der von Übernahmen bedrohte Firmen greifen. Der Plan solle für ein Jahr gelten, teilte der Twitter-Verwaltungsrat mit. Eine Ausnahme wäre, wenn ein Deal vom Aufsichtsgremium abgesegnet wird.

Die Börse glaubt nicht an Musks Erfolg: Üblicherweise steigt der Kurs bei Übernahmeplänen in Richtung des Gebots – doch am Donnerstag sank die Twitter-Aktie um 1,5 Prozent auf 45,18 Dollar. Am Freitag ging es weiter runter an die Marke von 45 Dollar.

Musk kauft sich Anteil an Twitter zusammen

Musk selbst räumte Zweifel ein. «Ich bin nicht sicher, dass ich tatsächlich in der Lage sein werde, es zu kaufen», sagte er am Donnerstag. Er habe aber «technisch gesehen» die nötigen Mittel, um den über 40 Milliarden Dollar (37 Milliarden Euro) schweren Deal durchzuziehen, betonte der 50-Jährige. In den vergangenen Wochen hat er sich bereits einen Anteil von 9,2 Prozent an Twitter zusammengekauft.

Musk ist der mit Abstand reichste Mensch der Welt. Sein Vermögen wird vom Finanzdienst Bloomberg auf Basis jüngster Aktienkurse auf 251 Milliarden Dollar (232 Milliarden Euro) geschätzt. Den Reichtum machen hauptsächlich Beteiligungen am Elektroauto-Hersteller Tesla und der Raumfahrtfirma SpaceX aus. Für einen Twitter-Kauf müsste er also entweder Aktien abstoßen oder Kredite mit den Beteiligungen als Sicherheit aufnehmen.

Zustimmung der Aktionäre große Hürde

Aber auch wenn Musk die nötigen Mittel flüssig machen kann, ist die Zustimmung der Aktionäre die große Hürde. Twitter hat neben dem Streubesitz mehrere Finanzinvestoren als große Anteilseigner, die jeweils zwischen zwei bis acht Prozent der Anteile halten. Es würde also nicht reichen, nur wenige Großaktionäre vom Verkauf zu überzeugen. Ein wichtiger Anteilseigner, der saudische Prinz Alwaleed bin Talal, erteilte Musk bereits öffentlich eine Absage.

Zugleich ist Twitter nicht so gut gegen feindliche Übernahmen geschützt wie etwa Facebook, Amazon oder Google, wo Gründer Aktien mit mehr Stimmrechten bekamen. Das erlaubt ihnen, die Kontrolle über das Unternehmen zu behalten, auch wenn sie nicht mehr die Mehrheit der Aktien halten. Musk wetterte dagegen: Beim Meta-Konzern etwa sichere dies, dass auch «Mark Zuckerberg der 14.» noch die Kontrolle über Facebook, WhatsApp und Instagram behalte.

Musk schrieb, dass der Preis sein letztes Angebot sei. Scheitere der Versuch, müsse er sein Engagement bei Twitter überdenken. «Das ist keine Drohung, es ist einfach keine gute Investition ohne die Änderungen, die gemacht werden müssen.» Drohung oder nicht – auf jeden Fall kann man dies als ziemlich durchsichtige Erinnerung an die Aktionäre sehen, dass der Kurs auch ganz schnell wieder sinken könne.

Musk wolle Redefreiheit stärken

Als Grund für sein Interesse an Twitter gibt Musk an, die Redefreiheit auf der Plattform stärken zu wollen. Das sei nur möglich, wenn der Kurznachrichtendienst die Börse verlasse, argumentiert er. Seine Vorstellung von Redefreiheit umriss Musk so: «Wenn jemand, den man nicht mag, etwas sagen darf, was man nicht mag.» Im Rahmen der Gesetze sollten alle Meinungen erlaubt sein.

Diese Einstellung sorgte für Kritik von Experten wie dem früheren Facebook-Sicherheitschef Alex Stamos. Man erhöhe den Wert einer Plattform nicht, indem man sie zu 99,9 Prozent mit Pornografie sowie Anzeigen für gefälschte Marken-Sonnenbrillen und Potenzmittel befüllen lasse.

In den vergangenen Jahren waren es in den USA vor allem die Konservativen und allen voran die Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump, die Twitter und anderen Online-Plattformen wie Facebook «Zensur» vorwarfen. Dabei ging es meist um Maßnahmen gegen die Verbreitung falscher Informationen über das Coronavirus sowie Trumps falscher Behauptungen, ihm sei der Sieg bei der Präsidentenwahl 2020 gestohlen worden.

Tesla-Chef gegen permanenten Twitter-Ausschluss

Trump wurde bei Twitter inzwischen verbannt. Das Management betonte bisher, dass es für den Ex-Präsidenten keinen Weg zurück auf die Plattform gebe. Musks Ansätze könnten Trump mit Blick auf eine erneute Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2024 nun aufhorchen lassen: Er finde vorläufige «Timeouts» besser als permanente Ausschlüsse, sagte der Tesla-Chef allgemein. Musk hatte in der Anfangszeit die Gefahren durch das Virus selbst heruntergespielt und Einschränkungen in Kalifornien als «faschistisch» kritisiert.

Der Tesla-Chef hat mehr als 80 Millionen Follower bei Twitter. In einem Tweet ließ Musk durchblicken, dass er das aktuelle Geschäftsmodell von Twitter mit Werbung als zentrale Einnahmequelle gern durch Abo-Einnahmen ersetzen würde. Auf Anzeigenerlöse angewiesen zu sein, gebe großen Konzernen zu viel Macht.

Von Andrej Sokolow, dpa

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