Der Autor David Safier lässt die Kanzlerin a.D. ermitteln. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sina Schuldt/dpa)

Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sind so umfassend, dass sie selbst Kleinigkeiten zwingend ändern.

Putin kann nicht länger Putin heißen, das war auch David Safier klar. Denn selbst der auf diesen Namen hörende Mops der ermittelnden Altkanzlerin in seinen Bestseller-Romanen «Miss Merkel» will so nicht mehr heißen. Ab der nächsten Auflage heißt Putin deshalb: Pupsi. Eine Petitesse, das weiß Safier, der das eher beiläufig mitteilt. Und eigentlich zum Lachen, das aber sogleich erstirbt, wenn man an das Kriegsgeschehen im Osten denkt.

Der Autor – ein Grenzgänger

Der 55-jährige Schriftsteller kann durchaus als Grenzgänger gelten. Seine Themen sind so vielfältig wie die genutzten Genres. Er schreibt Bücher und Drehbücher über den Holocaust, liebt Komödien und magischen Realismus. «Mieses Karma», «Jesus liebt mich», «28 Tage lang», die beiden «Miss Merkel»-Romane, die von ihm entwickelte TV-Sitcomserie «Berlin, Berlin» und sein Drehbuch zum preisgekrönten Kinofilm «Love gets a room» sind nur ein sehr kleiner Auszug seines Schaffens.

«Ich möchte gerne unterschiedliche Geschichten schreiben. Es kommt aus dem eigenen Herzen», sagt Safier. Dass dabei der erste und der zweite «Miss Merkel»-Roman (Verlag Kindler) so lange und so prominent auf den Bestsellerlisten stehen, erstaunt und freut ihn gleichermaßen. «Das soll jetzt aber nicht mein Alterswerk werden», sagt er lachend. Dennoch, eine dritte Folge kann er sich schon vorstellen. Die Hauptprotagonistin – Altkanzlerin Angela Merkel – sei eine Kunstfigur. In den Büchern kommt ihr fürsorglicher Mann, der Quantenchemiker Achim, genauso vor wie ein liebenswerter, aber etwas tollpatschiger Personenschützer und eben auch Putin, der bald Pupsi heißt. Der erste Roman habe sich fast allein in sechs Monaten geschrieben, beim zweiten dauerte es mit elf Monaten etwas länger.

Kraft der Komik in der Krise

Es sind klassische Detektiv-Geschichten und Kuschel-Krimi-Komödien, aber keine Plattitüden auf Kosten anderer. «Mein Anspruch ist nicht, über Leute zu lachen, sondern dass man mit ihnen Spaß haben kann», so Safier. Doch haben Formate wie Komödien einen Platz im Umgang mit Leid, Krieg oder Holocaust? Oder verbieten sie sich grundsätzlich? Wo verlaufen die Grenzen? «Das hat mich auch als Thema wahnsinnig fasziniert: Welche Kraft Komik auch im Elend und im Drama haben kann», sagt der Autor.

Er tendiert – Safier sagt «gravitiert» – zum Thema Holocaust. Er hat jüdische Wurzeln, auch wenn er aus der jüdischen Gemeinde ausgetreten ist. Safiers Großeltern starben im Holocaust, sein Vater wurde von der Nationalsozialisten in Wien verhaftet, konnte aber nach Palästina fliehen. Im Bestseller-Roman «28 Tage lang» beschreibt David Safier den harten und tödlichen Alltag im Warschauer Ghetto und das Leben einer jungen Heldin, die schmuggelt.

Auch im Film «Love gets a room» geht es um ein Drama und um Liebe und Überleben vor dem Hintergrund eines Theaterstücks, auf das Safier zufällig stieß. Es wurde im Januar 1942 im «Theater Femina» im Warschauer Ghetto aufgeführt. «Über diese Komödie haben die Leute damals in ihrem Elend gelacht, fünf Monate bevor sie deportiert wurden», sagt Safier, der die Rechte an dem Stück erwarb. Es entstanden ein Hörspiel, ein Buch und der Kino-Film, dessen Handlung Safier an den Linien des Theaterstücks entwarf und dramatisch gestaltete.

Gut gemachte Pralinées

Im Grundsatz gehe es in vielen seiner Bücher und Filme um universelle Themen. «Das Leitmotiv von «28 Tage lang» ist ja die Frage: Was für ein Mensch will ich sein?», sagt der Autor, der einiges von seinem Handwerk auch als Journalist lernte. «Was ist moralisch richtig?» Eine solchen Ansatz verfolgt der in Bremen verwurzelte Safier bei «Miss Merkel» natürlich nicht: «Die Miss Merkel-Romane sind – hoffentlich – sehr gut gemachte Pralinées. Etwas, was den Leuten schmeckt, gefällt, Genuss bereitet, ablenkt.»

Erfolg und Verkaufzahlen sprechen für sich. Die Romane erscheinen unter anderem auch in Italien, Spanien, Dänemark, den Niederlanden und Estland. Und auch wenn es eine Kunstfigur ist: Viele Leser können sich die Altkanzlerin wohl sehr gut als Meisterdetektivin vorstellen. «Wir wissen es ja auch nicht: Vielleicht löst sie tatsächlich Mordfälle in der Uckermark. Bis jetzt ist es nicht widerlegt», sagt Safier schmunzelnd.

Das könnte wohl nur Angela Merkel selbst aufklären. Dem Vernehmen nach soll sie die Bücher gelesen haben. Aber auch das weiß man nicht genau: «Wir bitten um Verständnis, dass wir grundsätzlich keine Auskunft über das private Leseverhalten der Bundeskanzlerin a. D. geben», ließ ihr Büro wissen.

Von Helmut Reuter, dpa

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