Laut einer Studie von Greenpeace wäre ein Ölembargo gegen Russland wirksam. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa)

Deutschland hat seine Abhängigkeit von russischem Öl deutlich verringert – Wirtschaftsminister Robert Habeck sieht ein Ölembargo gegen Russland als «handhabbar» an.

Deutschland sei einer Unabhängigkeit von russischen Ölimporten «sehr, sehr nahe gekommen», sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Warschau nach Gesprächen mit der polnischen Klimaministerin Anna Moskwa. Es sei gelungen, die Abhängigkeit von 35 Prozent vor Beginn des Ukraine-Krieges innerhalb von acht Wochen auf 12 Prozent zu senken.

Ende März hatte das Ministerium in einem Bericht geschrieben, die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Öl sei auf 25 Prozent gesunken. Bis Mitte des Jahres sollten die russischen Ölimporte nach Deutschland halbiert sein, hieß es damals. Und: Zum Jahresende soll die Bundesrepublik nahezu unabhängig sein.

Tempo erhöht

Bei der Verringerung von russischen Ölimporten ist es nun nach den Worten Habecks gelungen, das Tempo zu erhöhen. Die Häfen in Westdeutschland, die russisches Öl importiert hätten, hätten sich neue Verträge besorgt. Die Raffinerie Leuna des französischen Energiekonzerns Total hat Habeck zufolge ebenfalls Verträge umgestellt.

Bei den verbleibenden 12 Prozent handle es sich um Ölimporte der Raffinerie im brandenburgischen Schwedt nahe der polnischen Grenze, sagte Habeck. Diese kommen über die «Druschba»-Pipeline an.

«Und Schwedt, das darf ich einfach mal aussprechen, wird von einer russischen Firma, von Rosneft, gemanagt», sagte Habeck. Das Geschäftsmodell des Staatskonzerns sei es, russisches Öl zu kaufen. Wenn man dieses Öl nicht mehr haben wolle, brauche man für Schwedt eine Alternative. Diese Alternative zu entwickeln, sei die Aufgabe der kommenden Tage.

Das Wirtschaftsministerium teilte mit, zusammen mit Polen sollten alternative Importrouten für Öl ausgelotet werden. Das zielt vor allem auf die Versorgung Ostdeutschlands.

Pläne in Schwedt noch unklar

Welche Schritte Habeck mit Blick auf die Besitzverhältnisse in Schwedt plant, ist unklar. Die Raffinerie in Brandenburg soll fast vollständig vom russischen Staatskonzern Rosneft übernommen werden – dies wird derzeit vom Wirtschaftsministerium überprüft.

Ein westliches Ölembargo gegen Russland hatte die Bundesregierung bisher skeptisch gesehen. Noch größer ist der Widerstand gegen ein Gasembargo. Für russische Kohle hatten die EU-Staaten dagegen Anfang April einen Importstopp beschlossen – jedoch mit einer Übergangsfrist von vier Monaten.

Beim Gas ist die deutsche Abhängigkeit größer als von russischer Kohle und russischem Öl. Die polnische Klimaministerin Moskwa sagte: «Wir schätzen die Geste der EU, was das Embargo für Kohle angeht. Wir erwarten das gleiche Embargo für die weiteren russischen Rohstoffe – ohne unnötige Verzögerung, hier und jetzt.»

Auch Experte hält Ölembargo für machbar

Eine Untersuchung des Energieexperten Steffen Bukold für die Umweltorganisation Greenpeace kommt zum Ergebnis, dass ein Ölembargo gegen Russland für Deutschland verkraftbar wäre. Die Folgen für die Ölpreise wären voraussichtlich begrenzt. Ein Embargo wäre wirksam und würde Russland treffen, heißt es darin.

Demnach kommen zwei Drittel der deutschen Ölimporte aus Russland bisher über die Druschba-Pipeline nach Ostdeutschland. Das letzte Drittel gelange über Häfen nach Westdeutschland – diese Ölmengen könnten problemlos ersetzt werden. Um im Falle eines Embargos diese Lieferungen zu ersetzen, müsste laut der Studie Tankeröl auf dem Weltmarkt eingekauft werden. Die Raffinerien im Osten könnten über alternative Routen versorgt werden.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnte vor weitreichenden Folgen eines möglichen Lieferstopps von Gas und Öl aus Russland für ganz Deutschland. «Wenn gelegentlich von drei Millionen zusätzlichen Arbeitslosen geschrieben wird, falls kein Gas und Erdöl mehr aus Russland geliefert wird, so halte ich das für eine Untertreibung», sagte Woidke in einem Interview der «Märkischen Oderzeitung» (Dienstag). Die Energiepreise würden «noch einmal drastisch steigen».

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