Eine Trophäe bei der Verleihung des Grimme Online Awards. Der undotierte Grimme Online Award gilt als wichtigste deutsche Auszeichnung für herausragende Online-Publizistik. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Gleich mehrere gründlich recherchierte Podcasts zu Gesellschaftsthemen gehen in diesem Jahr in das Rennen um den renommierten Grimme Online Award. Das gab das Grimme-Institut am Mittwoch in Köln bekannt.

Unter den insgesamt 27 nominierten Netzangebote finden sich in diesem Jahr den Angaben zufolge acht Podcasts. In der Kategorie «Information» dominieren sie sogar das Feld.

Nominiert für die Preise wurden dort die Audio-Produktionen «Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?» (Studio Bummens, NDR, RBB, K2H), «Breitscheidplatz» (RBB, SWR), «Narcoland – Das Meth-Kartell im Dreiländereck» (Aachener Zeitung, Aachener Nachrichten) und «Slahi – 14 Jahre Guantánamo» (NDR).

Gerade im Podcast-Bereich sei aufgefallen, wie oft «starke (investigative) Rechercheleistungen zu relevanten gesellschaftlichen Themen» zu finden seien, lobte die Nominierungskommission. «Zu hören war eine Rückbesinnung auf klassisches journalistisches Handwerk, verbunden mit modernem Storytelling und durchdachten Dramaturgien», erklärte sie.

«Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?» etwa zeichnet die Entwicklung des Verschwörungserzählers Ken Jebsen nach. Bei «Slahi – 14 Jahre Guantánamo» wird ein langjähriger Gefangener mit seinen einstigen Folterern zusammengebracht. Das sei ein «eindrucksvoller Moment von Geschichtsaufarbeitung», so die Kommission.

Wichtigste Auszeichnung

Der undotierte Grimme Online Award gilt als wichtigste Auszeichnung für herausragende Online-Publizistik in Deutschland. Die Gewinner sollen am 23. Juni bekanntgegeben werden. Möglich sind bis zu neun Preisträger – einer davon wird vom Publikum gewählt.

Vorschläge für die diesjährige Auszeichnung konnten vom 15. Januar bis zum 1. März eingereicht werden. Zeitlich gab es daher nur eine kurze Überlappung mit Russlands Angriffskrieg in der Ukraine, der Ende Februar begann. Entsprechend wenige Formate zu dem Thema schafften es noch auf die Nominierten-Liste. Eines aber geht ins Rennen: Die Ukraine-Berichterstattung des Magazins «Katapult», die – so wurde gewürdigt – «nicht nur besondere Einblicke in den umkämpften Alltag in Kiew eröffnet, sondern auch in ihrer liebevollen grafischen Aufarbeitung überzeugen kann».

Während sich im vergangenen Jahr zahlreiche Formate mit der Corona-Pandemie beschäftigt hätten, sei diesmal Klima und Umwelt immer wieder Thema gewesen, stellte das Grimme-Institut zudem fest. Zwei Angebote kamen auf die Nominierten-Liste: Zum einen das Dokuprojekt «Umwelt in Ostdeutschland» (MDR), zum anderen «Wir schalten ab, sie heizen hoch» (Zeit Online). Dort wird ausgehend von einer Weltkarte gezeigt, wo neue Kohlekraftwerke gebaut werden.

Verschiedenste Formate

Darüber hinaus wurden Formate unterschiedlichster Machart nominiert. Auf der Liste findet sich auch der Youtube-Kanal «Scobel» (ZDF/3sat) des bekannten Journalisten Gert Scobel. «Ich freue mich als älterer Mensch unter so vielen jüngeren Kolleginnen und Kollegen zu sein mit einem Format, was ja tatsächlich jung ist», sagte der 62-Jährige nach Bekanntgabe der Nominierung. Von Schülern etwa würden seine Videos zur Vorbereitung aus Klassenarbeiten genutzt.

Auch das innovative Projekt «Sign & Sing» (Kopf, Hand und Fuss gGmbH), das auf der Plattform Tiktok Musik für schwerhörige und gehörlose Kinder aufbereitet, wurde nominiert. Als eine Art «Hintergrundbericht zur aktuellen Ukrainekrise» würdigte das Grimme-Institut zudem das Format «Nuclear Games – Die atomare Bedrohung» (Studios Docmine, SRG/SRF), das sich mit Atomwaffen und -energie befasst.

Kritisch merkte die Nominierungskommission gleichwohl an, dass man bei Betrachtung des gesamten Netzes von keinem herausragenden Jahrgang der Online-Publizistik sprechen könne. Deutlich weniger Angebote als in den Vorjahren hätten aus einem breiten Mittelfeld herausgestochen. Moniert wurde zudem, dass bei den Einreichungen Angebote für Kinder unterrepräsentiert gewesen seien.

«Kinder tummeln sich in immer größerer Zahl im Netz und werden hier mit teils drastischen Bildern und Inhalten konfrontiert, die nach Einordnung und Rahmung verlangen», teilte dazu Grimme-Direktorin Frauke Gerlach mit. «Aber es mangelt leider seit Jahren an entsprechenden Angeboten, hier muss sich dringend etwas ändern!»

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