Wärmedämmstoff auf einer Baustelle. Der BGH muss entscheiden, ob die Berliner Regelung zu Sanierungen das Grundrecht auf Eigentum verletzt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Silas Stein/dpa)

Steht ein Altbau direkt an der Grundstücksgrenze, ragt eine Extra-Dämmschicht außen zwangsläufig nach nebenan – wann muss der Nachbar das für den Klimaschutz hinnehmen? Diese Frage beschäftigt seit Freitag den Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall aus Berlin.

Die meisten Bundesländer haben spezielle Regelungen geschaffen, um Sanierungen möglichst einfach zu machen. In der Hauptstadt wird betroffenen Nachbarn allerdings besonders viel zugemutet. Das könnte verfassungswidrig sein.

In anderen Ländern ist unter anderem vorgeschrieben, wie viel Platz die Dämmung maximal einnehmen darf – in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel 25 Zentimeter. In Berlin fehlen solche Vorgaben.

Hier heißt es einfach: «Der Eigentümer eines Grundstücks hat die Überbauung seines Grundstücks für Zwecke der Wärmedämmung zu dulden, wenn das zu dämmende Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits besteht.» Vorgesehen ist nur, dass er mit einer Geldrente zu entschädigen ist und die Entfernung der Dämmschicht verlangen kann, falls er später einmal selbst an die Grenzwand anbauen möchte.

Ist die Berliner Regelung verfassungswidrig?

In der Verhandlung gab die Vorsitzende Richterin Bettina Brückner zu bedenken, dass in einem sehr kleinen Innenhof durch die Dämmung nicht mehr genug Platz für Fahrräder oder Mülltonnen sein könnte. Trotzdem müsste das hingenommen werden. Ihr Senat hat zu entscheiden, ob die Berliner Regelung das Grundrecht auf Eigentum verletzt. Halten die obersten Zivilrichter den Paragrafen für verfassungswidrig, dürften sie ihn nicht anwenden, sondern müssten das Bundesverfassungsgericht einschalten. Die Entscheidung soll am 23. Juni verkündet werden.

Im Moment schwanken die Richter noch. Brückner sagte, der Klimaschutz diene dem Wohl der Allgemeinheit und habe inzwischen sogar Verfassungsrang. Die differenzierteren Regelungen der anderen Länder hätten den Nachteil, dass sie eher zu Streit führen können.

Im konkreten Fall geht es um ein mehr als 100 Jahre altes Mehrfamilienhaus, dessen Giebel das direkt angrenzende Nachbargebäude um einige Meter überragt. Auf dieser Fläche soll eine höchstens 16 Zentimeter dicke Dämmschicht angebracht werden. Amts- und Landgericht hatten die Betroffene zur Duldung verurteilt. Im Prozess war ein Experte zu dem Ergebnis gekommen, dass eine – teurere – Dämmung von innen bei dem Haus nicht infrage kommt. (Az. V ZR 23/21)

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