Das Treffen des Weltwirtschaftsforums findet in Davos vom 22. bis 26. Mai 2022 statt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Markus Schreiber/AP/dpa)

Im schweizerischen Davos hat die Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) begonnen. 2500 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wollen dabei über Lösungen für internationale Probleme diskutieren.

Traditionell findet das Treffen eigentlich Mitte Januar statt, wegen der Corona-Pandemie war es jedoch verschoben worden – nun steht es ganz unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und seiner weltweiten Folgen.

Selenskyj hält digitale Eröffnungsrede

So forderte der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Børge Brende, zum Auftakt des Treffens in der «Süddeutschen Zeitung» einen Marshall-Plan für einen Wiederaufbau der Ukraine. Die Eröffnungsrede hielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der dafür digital zugeschaltet wurde. Selenskyj forderte darin «maximal wirksame Sanktionen» gegen Russland, nötig sei etwa ein Embargo für russische Energieträger.

Darüber hinaus ging es am ersten Tag des Treffens, das am kommenden Donnerstag endet, unter anderem um Fragen der internationalen Energieversorgung. Und auch ein Davos-Dauerbrenner, die Balance zwischen wirtschaftlichem Profit und sozialer Gerechtigkeit, spielte eine Rolle.

Warnung vor weltweiter Rezession

Vier miteinander verbundene Krisen sieht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, wie er bei seinem Auftritt in Davos sagte – die hohe Inflation in vielen Ländern, eine Energiekrise, Lebensmittelknappheit und die Klimakrise. «Wir können die Probleme nicht lösen, wenn wir uns nur auf eins der Probleme konzentrieren», warnte Habeck. «Wenn aber keins der Probleme gelöst wird, dann sorge ich mich wirklich davor, dass wir uns in eine globale Rezession hineinbewegen.»

Eine solche Rezession hätte gravierende Auswirkungen nicht nur auf den Klimaschutz, sondern auf die globale Stabilität insgesamt, so Habeck weiter. Wenn jedes Land sich nur noch um sich selbst kümmere, verschärfe das jedoch die Krise. «Wir müssen die Märkte offen halten», sagte der Wirtschaftsminister: Zugleich aber müssten sich die Regeln der Märkte ändern. Es gehe nicht um De-Globalisierung, sondern um mehr Zusammenarbeit und Solidarität.

Nach Ansicht von IWF-Chefin Kristalina Georgiewa ist eine weltweite Rezession jedoch nicht in Sicht. Das vom Internationalen Währungsfonds prognostizierte globale Wirtschaftswachstum von 3,6 Prozent sei weit von einer Rezession entfernt, sagte Georgiewa am Montag bei der Jahrestagung. Sie fügte aber hinzu: «Was wir erleben könnten, ist eine Rezession in einigen Ländern, die von vorneherein schwach sind.» Das gelte etwa für Staaten, die sich noch nicht von der Corona-Krise erholt hätten und die in hohem Maße von Energie- und Lebensmittelimporten aus Russland abhängig seien. Georgiewa betonte, insgesamt werde 2022 wegen mehrerer Krisen ein «hartes Jahr».

In einem Video-Statement auf Twitter zu Beginn der Tagung hatte Georgiewa gemahnt, die Lage sei sehr herausfordernd: Der Krieg in der Ukraine und die Pandemie hätten große wirtschaftliche Konsequenzen und führten zu geringerem Wachstum und steigender Inflation. Gleichzeitig seien langfristige Herausforderungen wie die Klimakrise nicht verschwunden.

Klimarettung und Energie-Versorgung

Der russische Angriff auf die Ukraine hat auch die weltweiten Energiemärkte ins Wanken gebracht – in einer Zeit, in der diese angesichts der Klimakrise ohnehin in Bewegung sind. Der Abschied von fossilen Brennstoffen stehe aber nicht im Widerspruch dazu, sich jetzt akut um die Energie-Versorgungssicherheit zu kümmern, sagte Habeck in Davos. «Wir müssen sehen, dass wir ein Problem nicht auf Kosten eines anderen lösen dürfen.»

Gleichzeitig forderte Habeck mehr europäische Geschlossenheit bei der Diskussion um ein Öl-Embargo gegen Russland. «Wir sehen das Schlechteste von Europa», sagte Habeck. Zwar sei zu beachten, dass nicht jedes Land in der gleichen Situation sei. Dennoch erwarte er von allen, auch Ungarn, dass sie an einer Lösung arbeiteten.

Oxfam fordert höhere Steuern für Reiche

Zum Start der WEF-Tagung forderte die Entwicklungsorganisation Oxfam angesichts wachsender Ungleichheit eine stärkere Besteuerung von Unternehmen und sehr hohen Vermögen. «Es ist nicht hinnehmbar, dass Konzerne und die dahinter stehenden Milliardärinnen und Milliardäre Rekordgewinne einfahren, während Millionen Menschen Mahlzeiten ausfallen lassen müssen, die Heizung abdrehen, mit ihren Rechnungen im Rückstand sind und sich fragen, was sie als nächstes tun können, um zu überleben», sagte Oxfam-Referent Manuel Schmitt.

Regierungen müssten dringend gegensteuern und Konzerne sowie Superreiche in die Pflicht nehmen, hieß es. In Deutschland müsse die Vermögensteuer wieder eingeführt werden. Außerdem sei eine einmalige Abgabe auf sehr hohe Vermögen und eine Übergewinnsteuer für Konzerne angesagt. Seit Beginn der Corona-Pandemie sind die Reichsten der Welt Oxfam zufolge noch reicher geworden. Das Vermögen von Milliardären sei um 42 Prozent gewachsen.

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