Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat nach dem Kompromiss in der EU zu einem Ölembargo gegen Russland den ungarischen Regierungschef Viktor Orban kritisiert.
Er sei nicht glücklich mit dem Kompromiss, sagte Habeck beim «Wirtschaftstag» des Wirtschaftsrats der CDU. Orban habe «ruchlos» für seine eigenen Interessen gepokert. Die europäische Kraft und die Entschlossenheit Europas habe durch das «Gewürge» um das sechste Sanktionspaket gelitten.
«Vielleicht leben wir in einer Zeit, wo zu viele Kompromisse dann die Klarheit am Ende nicht nur eintrüben, sondern zerstören», sagte Habeck. Der russische Präsident Wladimir Putin werde mit seinem Angriff auf die Ukraine nicht aufhören, wenn er nicht in der Ukraine unterliege. Orban aber habe einen «Handel» aufgemacht und nicht mehr Politik in einem höheren Interesse gemacht.
Habeck rüttelt an Einstimmigkeitsprinzip
Habeck forderte außerdem auf eine entsprechende Frage hin, das Einstimmigkeitsprinzip auf EU-Ebene abzuschaffen. Das Problem aber sei, um die Einstimmigkeit zu überwinden hin zu einer qualifizierten Mehrheit, müsse man dies einstimmig beschließen. Falls man aber den Begriff der «Zeitenwende» in seiner tiefen Bedeutung verstehe, dann müsse Europa handlungsfähig werden.
Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte die EU lange über ein Ölembargo diskutiert. Insbesondere Ungarn aber verwies auf seine große Abhängigkeit von russischem Öl und blockierte eine Einigung.
Wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Beratungen mit den EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel mitteilte, sollen auf Drängen Ungarns hin nun vorerst nur russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbunden werden. Per Pipeline erfolgende Transporte werden zunächst weiter möglich sein.
Berlin will Embargo-Ausnahme nicht nutzen
Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, Deutschland und Polen hätten bereits erklärt, dass sie die Ausnahmen nicht nutzen werden und russische Einfuhren über Pipelines zum Jahresende einstellen wollen. «Auch im Zuge der technischen Umsetzung des Sanktionsbeschlusses gilt es nun auszuarbeiten, wie das für Deutschland realisiert wird. Das ist insbesondere für die Raffinerie Schwedt mit ihrem russischen Mehrheitseigner drängend.»
Gerade für die Perspektiven dort sei es wichtig, dass es rasch Klarheit über die Frage gebe, wie es weiter gehe. «Außerdem tun wir alles dafür, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.»
Derweil hat die Wirtschaftsstaatssekretärin Franziska Brantner gefordert, dringend für Chancengleichheit unter den EU-Ländern zu sorgen. Staaten, die ihr Öl vorrangig über den Seeweg geliefert bekämen, könnten durch das Einfuhrverbot für Lieferungen mit Tankschiffen in Schwierigkeiten geraten. Dies müsse verhindert werden, «damit wir hier in der Europäischen Union nicht Gewinner und Verlierer produzieren», sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur bei einem Besuch der Hannover Messe am Dienstag.