Über Jahrzehnte hatte sie eine bedeutende Kunstsammlung zusammengetragen, doch erst in den vergangenen Jahren machte Heidi Goëss-Horten diese auch der Öffentlichkeit zugänglich.
Anfang Juni wurde in Wien das Privatmuseum «Heidi Horten Collection» eröffnet. Nur wenige Tage später ist die Sammlerin und Milliardärin, Witwe des früheren deutschen Kaufhaus-Königs Helmut Horten (1909-1987), am Sonntag im Alter von 81 Jahren überraschend gestorben. Sie starb in ihrem Haus am Wörthersee, wie eine Sprecherin des Museums der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.
Vielseitiges Engagement für Kunst und Sport
«Mit großem Bedauern und in tiefer Trauer müssen wir Nachricht vom völlig überraschenden Tod unserer Mäzenin und Stifterin Heidi Goëss-Horten geben», hieß es in einer Mitteilung des Museums. Sie werde durch ihr vielseitiges Engagement für die Kunst und den Sport in Erinnerung bleiben.
Die damalige Sekretärin aus Wien hatte Helmut Horten 1959 am Wörthersee kennengelernt und wurde seine zweite Frau. Ihr Mann hatte den Grundstein seines Vermögens in der NS-Zeit gelegt, als er von der Enteignung der Juden durch die Nazis profitierte. Anfang 2022 wurde ein von der Witwe in Auftrag gegebenes Gutachten zur Vergangenheit ihres Mannes veröffentlicht. Demnach sei Horten zwar Nutznießer gewesen, als er Kaufhäuser von jüdischen Besitzern übernahm, er habe die damalige «Arisierung» aber nicht vorangetrieben.
Helmut Horten entwickelte sein Unternehmen zum viertgrößten Warenhauskonzern in der Bundesrepublik – nach Karstadt, Hertie und Kaufhof. Insgesamt gehörten zum Hortenkonzern Anfang der 1970er Jahre 50 Waren- und Kaufhäuser. Mit dem Verkauf seines Kaufhausimperiums genau zum richtigen Zeitpunkt – Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre – wurde Horten zum Milliardär und sparte durch den Umzug in die Schweiz 250 Millionen Mark an Steuern. Der Bundestag verabschiedete unter dem Eindruck dieses Vorfalls, der die Bürger empörte, die «Lex Horten», und stopfte eine Lücke im Steuerrecht.
700 Werke von Klimt über Picasso bis Warhol
Nach seinem Tod machte die Österreicherin das Sammeln von Kunst zu ihrer Aufgabe. Es war ein guter Zeitpunkt, denn der Kunstmarkt bot in den 1990er Jahren höchst attraktive Preise für Käufer. Ihre schlossartige Villa am Wörthersee in Österreich glich einem hochkarätigem Kunstmuseum. Werke von Pablo Picasso, Henri Matisse, Lucian Freud, Francis Bacon, Paul Klee, Gerhard Richter, Damien Hirst und Andy Warhol verschönerten als Wandschmuck den Alltag von Heidi Goëss-Horten. Das Erbe ihres Mannes hatte sie äußerst klug eingesetzt. Mit rund drei Milliarden Euro galt die Kunstsammlerin als reichste Österreicherin.
Ihre Privatsammlung umfasst rund 700 Werke, darunter Bilder deutscher Expressionisten wie Max Pechstein, Emil Nolde, Ernst Ludwig Kirchner oder August Macke. Eines der bekanntesten Landschaftsbilder des Jugendstilmalers Klimt, die «Kirche in Unterach am Attersee» von 1916, gehört dazu ebenso wie Egon Schieles «Damenbildnis» von 1912, auf dem er seine Lebensgefährtin Wally Neuzil verewigte.
Einen Ausschnitt der Kollektion zeigte sie erstmals 2018 in einer Schau im Wiener Leopold Museum der Öffentlichkeit. Die Sammlung Horten ist verbunden mit einem Auktionscoup 1994 bei Sotheby’s in London. Damals gelang es der Milliardärin anonym, 34 Bilder allererster Güte zu ersteigern. Darunter auch ihr erklärtes Lieblingsmotiv «Les Amoureux» (1916) von Marc Chagall.
Darüber hinaus saß sie im Stiftungsrat der 1971 von ihrem Mann gegründeten Horten-Stiftung, die medizinische Einrichtungen und Forschungen unterstützt. Goëss-Horten, die mit der 100 Meter langen «Carinthia VII» eine der weltweit größten Jachten besaß, engagierte sich auch als Ehrenpräsidentin des Klagenfurter Athletiksportclubs im Eishockey. 2015 heiratete sie Carl Anton «Kari» Goëss aus einem ehemaligen Adelsgeschlecht.