«Wir schliessen. Alles muss raus» steht auf dem Banner in der Tür eines Geschäfts in der Altstadt von Erfurt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa)

Nach deutlichen Rückgängen in den vergangenen beiden Corona-Jahren deutet sich im Mai ein Anstieg der Firmenpleiten an.

Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 8,4 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im April war noch ein Rückgang im Vergleich zum Vormonat von 20,8 Prozent verzeichnet worden, wie die Wiesbadener Behörde am Montag mitteilte. Beschäftigte, deren Unternehmen insolvent sind, haben nach Einschätzung von Insolvenzverwaltern aktuell allerdings gute Chancen, vergleichsweise schnell einen neuen Job zu finden.

Die vorläufigen Zahlen sind ein Frühindikator, der nach Angaben der Behörde Hinweise auf die künftige Entwicklung gibt. Endgültige Zahlen liegen erst für das erste Quartal vor. Im Zeitraum Januar bis März 2022 meldeten die deutschen Amtsgerichte 3483 beantragte Unternehmensinsolvenzen. Das waren 7,4 Prozent weniger als im ersten Vierteljahr 2021.

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 3,9 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum lagen sie bei rund 17,1 Milliarden Euro.

Pflicht zum Insolvenzantrag

Um eine Pleitewelle infolge der Corona-Pandemie abzuwenden, hatte der Staat die Pflicht zum Insolvenzantrag bei Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit zeitweise ausgesetzt. Seit dem 1. Mai 2021 gilt die Insolvenzantragspflicht wieder in vollem Umfang. Ausnahmen gab es noch bis 31. Januar 2022 für Betriebe, die im vergangenen Sommer Schäden durch Starkregen oder Überflutungen erlitten hatten. Im vergangenen Jahr hatte es so wenige Firmenpleiten wie noch nie seit Einführung der aktuellen Insolvenzordnung im Jahr 1999 gegeben.

Experten rechnen damit, dass mit dem Auslaufen staatlicher Corona-Hilfen die Zahl der Firmenpleiten in diesem Jahr steigt. Zudem belasten die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges, explodierende Energiepreise sowie anhaltende Störungen von Lieferketten und Materialmangel die Wirtschaft.

Volkswirte des Kreditversicherers Allianz Trade rechneten zuletzt in diesem Jahr mit einem Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland um 4 Prozent auf rund 14.600. Im kommenden Jahr erwarten sie eine Zunahme um 10 Prozent auf 16.130. Dennoch dürften die Fallzahlen demnach auch Ende 2023 noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegen.

Ukraine-Krieg und steigende Energiekosten

Die Bundesregierung versucht die Folgen für Unternehmen, die besonders von Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und dem Anstieg der Energiekosten betroffen sind, teilweise abzufedern. Sie will mit staatlichen Zuschüssen Pleiten besonders energieintensiver Firmen verhindern. Topmanager von Firmen, die die Zuschüsse in Anspruch nehmen, sollen auf Bonuszahlungen verzichten. Das Zuschussprogramm ist Teil eines im April von Wirtschafts- sowie Finanzministerium vorgestellten Hilfspakets. Dazu gehört auch ein Kreditprogramm über die staatliche Förderbank KfW, das bereits angelaufen ist.

Nach Einschätzung des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter (VID) haben Beschäftigte insolventer Firmen derzeit gute Chancen relativ schnell einen neuen Job zu finden. «Wir sehen in unserer täglichen Arbeit, dass insbesondere gut ausgebildete Arbeitnehmer meist sofort neue Beschäftigung finden», berichtete der Vorsitzende des Verbandes, Christoph Niering. «Die Menschen, die hinter dem Unternehmen stehen, trifft es aktuell nicht mehr so dramatisch wie in früheren Krisenzeiten.»

Von