Kohlekraftwerke sollen in Deutschland zum Einsatz kommen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Wegen der Gaskrise hat der Bundestag den Weg dafür frei gemacht, mehr Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung heranzuziehen. Ziel dieser Maßnahme ist es, Gas einzusparen und einzuspeichern. Gleichzeitig beschlossen die Abgeordneten, staatliche Hilfen für angeschlagene Energieunternehmen wie Uniper zu erleichtern.

Als Option kann zudem ein Umlagesystem geschaffen werden, damit Preissprünge beim Gas für Energieversorger gleichmäßiger an Kunden weitergeben werden können – als Ersatz für bisher mögliche Regeln. Die Bundesregierung will aber vermeiden, dass dieses Instrument zum Einsatz kommen muss.

Gesetzesänderung

Die vom Bundestag beschlossenen Gesetzesänderungen sollen am Freitag noch durch den Bundesrat. Sie sind eine Reaktion auf die starke Drosselung russischer Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1. Um Gas einzusparen, soll nun weniger Gas zur Stromproduktion genutzt werden. Stattdessen sollen Kohlekraftwerke zum Einsatz kommen, die gegenwärtig nur eingeschränkt verfügbar sind, vor der Stilllegung stehen oder sich in der Reserve befinden.

Das Bundeswirtschaftsministerium hatte bereits angekündigt, parallel die notwendige Ministerverordnung vorzubereiten, um die sogenannte Gasersatzreserve in Gang zu setzen. «Wir rufen die Gasersatz-Reserve ab, sobald das Gesetz in Kraft getreten ist», hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angekündigt. «Das bedeutet – so ehrlich muss man sein – dann für eine Übergangszeit mehr Kohlekraftwerke. Das ist bitter, aber es ist in dieser Lage schier notwendig, um den Gasverbrauch zu senken. Wir müssen und wir werden alles daran setzen, im Sommer und Herbst so viel Gas wie möglich einzuspeichern.» Die Gasspeicher müssten zum Winter hin voll sein. Das habe oberste Priorität.

Scholz äußert sich zur Lage

Durch die Drosselung russischer Gaslieferungen durch Nord Stream 1 geriet Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. Derzeit laufen Verhandlungen mit der Bundesregierung. Durch die gesetzlichen Änderungen soll ein Einstieg des Bundes bei Energieversorgern erleichtert werden. Die Probleme auf dem Gasmarkt könnten sich noch verschärfen. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht.

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht Deutschland aktuell nicht in einer Gas-Mangellage, wie er in der ZDF-Sendung «Maybrit Illner» sagte. Es sei auch «nicht ausgemacht», dass es dazu komme. «Es wäre nur völlig unverantwortlich, sie nicht als Möglichkeit in den Blick zu nehmen und sich darauf vorzubereiten», betonte der SPD-Politiker. Für den Fall, dass sie eintrete, bereite man sich beispielsweise auf die priorisierte Energieverteilung vor.

Unterstüzung von Verbänden

Beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) stießen die Bundestagsbeschlüsse auf Unterstützung. Die Entscheidung, Kohlekraftwerke vorübergehend aus der Reserve zu holen, komme spät, aber sei richtig, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm der Deutschen Presse-Agentur. Auch die staatliche Unterstützung für Energieversorger sei richtig. «Die Bundesregierung hat den Ernst der Lage bei der Gasversorgung erkannt», lobte Russwurm.

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) sprach von wichtigen Maßnahmen: «Der Dreiklang aus direkten Hilfen für notleidende Gasversorger, präventiven Maßnahmen zur Reduzierung des Gasverbrauchs und zusätzlichen Instrumenten zur Krisenbewältigung ist der richtige Ansatz», erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Abgelehnt wurde vom Bundestag ein Änderungsantrag der Unionsfraktion, der eine längere Laufzeit von Atomkraftwerken zum Ziel hatte. CDU und CSU hatten vorgeschlagen, dass die Bundesregierung per Rechtsverordnung neben Kohlekraftwerken auch die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke weiterlaufen lassen kann. Dafür hatte sich zuletzt auch die FDP stark gemacht – allerdings konnten sich die Freidemokraten in der Koalition nicht gegen SPD und Grüne durchsetzen.

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