Die Nationalspielerinnen stürmten überglücklich auf ihre Torgarantin zu, Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg verbarg ihr Siegerlachen kurz hinter beiden Händen. Auf nach Wembley – die deutschen Fußballerinnen um Alexandra Popp spielen um den EM-Titel!
Die Kapitänin erzielte beim 2:1 (1:1) im Halbfinale gegen Frankreich am Mittwochabend in Milton Keynes ihr fünftes und sechstes Tor im fünften Turnierspiel. Noch auf dem Rasen versammelte Voss-Tecklenburg ihre Finalistinnen zur Einstimmung auf das große Endspiel in Londons legendärem Stadion am 31. Juli (18.00 Uhr MESZ/ARD und DAZN) gegen Gastgeber England.
«Um ehrlich zu sein, kann ich es gar nicht in Worte fassen. Wir haben wieder eine Wahnsinnspartie gespielt, sagte Popp im ZDF. «Wir sind so unfassbar glücklich, kein Schwein hat mit uns gerechnet, und wir stehen jetzt im Finale gegen England vor 90.000 – ganz ehrlich, etwas Schöneres gibt es nicht.» Die Mannschaft, «ganz ehrlich, die ist geil», sagte Popp, nachdem sie als beste Spielerin der Partie ausgezeichnet wurde. Mit so «einer Vorfreude, so einem Bock auf ein Finale – etwas Besseres gibt es nicht».
Die Bundestrainerin sprach im ZDF-Interview bewegt von großem «Stolz» auf ihre Spielerinnen. «Das ist so verdient, wir haben so hart dafür gearbeitet. Wir sind so ein Haufen geworden hier, der sich überall unterstützt. Ich finde, wir haben völlig verdient dieses Spiel gewonnen.» In der Kabine werde jetzt «gesungen und getanzt».
Vor 27.445 Zuschauern kassierte Deutschland zwar den ersten Gegentreffer überhaupt im Turnier – ausgerechnet durch ein unglückliches Eigentor von Keeperin Merle Frohms (44.) nach der Führung durch Popp (40.), die in der zweiten Halbzeit per Kopf (76.) dann aber erneut für ausgelassenen Jubel bei der deutschen Mannschaft sorgte. «Mit dem Abpfiff kamen gleich die Freudentränen, das ist einfach ein unglaubliches Gefühl», sagte Frohms. Das Gegentor sei «sowas von egal».
Videobotschaft von Klopp
Im bereits mit knapp 90.000 Fans ausverkauften Wembley-Stadion erwartet den zweifachen Weltmeister nun eine grandiose Kulisse. Die Lionesses träumen vom ersten internationalen Titel überhaupt, die deutschen Frauen vom neunten EM-Triumph.
Eine Videobotschaft von Jürgen Klopp hatte Voss-Tecklenburg noch in die Spielbesprechung einfließen lassen – und für zusätzliche Motivation gesorgt. «Jetzt weiß man, dass ich eine bestimmte Art von Fußball mag», sagte Liverpools Star-Trainer da. «Und dementsprechend könnt ihr euch vorstellen, dass ich euren Fußball liebe.»
Nach dem Ausfall von Klara Bühl stürmte wie erwartet Jule Brand. Die 19 Jahre alte künftige Wolfsburgern kam somit zu ihrem ersten EM-Einsatz von Anfang an. «Mein Team wird (…) das Stadion zum Feiern bringen und euch mit großartigem Fußball begeistern!», hatte Bayern-Angreiferin Bühl nach ihrem positiven Corona-Test gesagt.
Erfolg gegen offensiv ausgerichtete Französinnen
Die deutsche Auswahl ging es aber erst mal vorsichtig an gegen grundsätzlich offensiv ausgerichtete Französinnen. Sara Däbritz, die in diesem Sommer von Paris Saint-Germain zu Olympique Lyon wechselt, sah viele bekannte Gesichter um sich herum im Mittelfeld und bemühte sich mit Lina Magull zunehmend erfolgreich um den Spielaufbau.
Ein von Brand herausgeholter Freistoß brachte dann die erste Chance: Torhüterin Pauline Peyraud-Magnin lenkte den Ball von Popp gerade noch um den Pfosten (22.). Vor den Augen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sowie DFB-Präsident Bernd Neuendorf und -Direktor Oliver Bierhoff übernahmen die deutschen Frauen immer mehr die Initiative.
Eine Flanke von Huth nutzte Popp aus kurzer Entfernung zum 1:0. Der Ausgleich fiel dann überraschend: Kadidiatou Diani traf den Innenpfosten, vom Rücken von Torhüterin Frohms prallte der Ball ins Netz.
Mit dem Rückenwind des Ausgleichs startete Frankreich wieder frecher in die zweite Halbzeit. Die DFB-Auswahl hielt aber weiter gut dagegen – und suchte selbst immer wieder den Weg nach vorne. Popp sorgte dann für allerbeste Stimmung unter den deutschen Fans. Der Treffer nach wuchtigem Kopfball wurde kurz von den Videoassistenten überprüft, blieb aber gültig. Die Schlussphase wurde für die DFB-Auswahl zum Nervenkrimi. Linda Dallmann vergab kurz vor Schluss die große Chance zum 3:1 (89.).