Wirtschaftsminister Robert Habeck rechnet damit, dass wegen der Gas-Umlage jährlich Kosten von mehreren Hundert Euro pro Haushalt auf die Verbraucher zukommen.
Die Höhe der Umlage stehe noch nicht endgültig fest. Sie werde aber in der Spanne von 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde liegen, sagte der Grünen-Politiker in Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt). Bei einem durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden im Jahr lande man so in einem mittleren Hundert-Euro-Bereich – Kosten, die zusätzlich zu den normalen Preiserhöhungen hinzukommen.
Die geplante Umlage für alle Gaskunden soll voraussichtlich ab dem 1. Oktober gelten. Die genaue Höhe der Umlage solle bis Mitte oder Ende August im Internet veröffentlicht werden, verlautete aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums. Sie hänge davon ab, welche Ausgleichsansprüche die Gasimporteure geltend machten.
Kanzler Olaf Scholz hatte in der vergangenen Woche eine Erhöhung der Gaspreise um zwei Cent pro Kilowattstunde genannt und von zusätzlichen Belastungen von jährlich 200 oder 300 Euro für eine vierköpfige Familie gesprochen. Jetzt wird klar: Auf die Gaskunden könnten noch deutlich höhere Kosten zukommen. Das Vergleichsportal Verivox errechnete für einen Single-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden Mehrkosten zwischen 89 und 298 Euro. Ein typischer Pärchenhaushalt würde demnach mit 214 bis 714 Euro belastet, eine Familie im Einfamilienhaus mit 357 bis 1190 Euro. Darin ist die Mehrwertsteuer enthalten.
Über die in einer Verordnung geregelte Umlage sollen Versorger die stark gestiegenen Einkaufspreise wegen der Drosselung russischer Lieferungen an alle Gasverbraucher weitergeben können. Geplant ist nach früheren Angaben, dass Importeure 90 Prozent der höheren Beschaffungskosten über die Umlage weiterreichen können. Bis Ende September müssen die Importeure ihre Kosten noch selbst tragen. Die Umlage müssen sowohl Firmen als auch Privathaushalte zahlen. Sie kommt zu den normalen Preiserhöhungen dazu, die nach und nach greifen. Der Ausgleichsanspruch für die Importeure gilt dabei nicht für alle Ersatzbeschaffungskosten, sondern nur für den Kauf von Importmengen, die vor dem 1. Mai 2022 vertraglich festgelegt wurden. Dies geht aus einem der dpa vorliegenden Verordnungsentwurf hervor.
Ministerium: Versorgungsunternehmen ohne Umlage gefährdet
Die Umlage sei angesichts der angespannten Lage auf dem Gasmarkt notwendig, um die Gasversorgung auch im kommenden Winter aufrechtzuerhalten. «Ohne sie wären Gasversorgungsunternehmen in der gesamten Lieferkette gefährdet», hieß es aus dem Ministerium. Die Umlage soll für alle Lieferanten gleich hoch sein. Damit gebe es eine faire Verteilung der Lasten auf viele Schultern.
Habeck sagte, die Umlage sei möglich für alle Unternehmen, die russische Gasmengen ersetzen müssten. «Das wird dann aber natürlich nachgewiesen werden müssen und es wird auch nachgerechnet werden. Also wir werden verhindern, dass da irgendein Schmu passiert». Die Umlage sei ein Entlastungssignal für die Unternehmen. Habeck sagte, er gehe davon aus, dass der Umlagemechanismus den Markt beruhige und die Unternehmen stabilisiere.
Der Stadtwerke-Verband VKU drang auf schnelle Klarheit, um Kundinnen und Kunden rechtssicher über die Höhe der Gas-Umlage informieren zu können. «Andernfalls müssen Stadtwerke vorübergehend für ihre Kunden die Umlage bezahlen, was die wenigsten auch nur kurze Zeit durchhalten können», sagte eine Sprecherin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Verband forderte eine Vorbereitungszeit von acht bis zehn Wochen. Noch besser sei, wenn die Umlage lediglich im Internet veröffentlicht werden würde und ohne Formalitäten kurzfristig gegenüber allen Endkunden wirksam werden würde, sagte die Sprecherin weiter. Andernfalls würden Energieversorgern und Stadtwerken die Gefahr «explodierender Ausfall- und Wiederbeschaffungskosten» drohen.
Kommt ein Entlastungspaket für ärmere Verbraucher?
Verbraucherschützern fordern angesichts der zum Herbst geplanten Gas-Umlage ein rasches zusätzliches Entlastungspaket. «Wenn die Umlage zum 1. Oktober kommt, muss das Hilfspaket der Bundesregierung für die Verbraucherinnen und Verbraucher stehen», sagte die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Ramona Pop, am Donnerstag.
Verbraucherinnen und Verbraucher müssten mit erheblichen Mehrkosten rechnen und könnten nicht bis zum kommenden Jahr auf Unterstützung warten. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will weitere Entlastungen frühestens 2023 gewähren und verweist auf mangelnde Spielräume im Bundeshaushalt.
Habeck hatte betont, dass es Entlastungen für jene Bürger geben werde, die wegen der Umlage an die Armutsgrenze rutschten. «Das ist kein guter Schritt, aber ein notwendiger Schritt.» Tragbar werde er durch soziale Ausgleichsmaßnahmen. Details dazu nannte er nicht.
Der Minister rief Bürger und Unternehmen in der Gaskrise zu einem gemeinsamen Kraftakt auf. «Wir alle können einen Beitrag leisten und wir alle leisten ja einen Beitrag, außer wir verschließen die Ohren und die Augen», sagte er auf die Frage, wann er die Notfallstufe im Notfallplan Gas mit einer die Rationierung von Gas ausrufen müsse. Wenn die Gasverbräuche runtergebracht würden und Energie gespart werde, werde mehr Freiraum dafür geschaffen, dass «unangenehmere Schritte» vermieden werden, so Habeck. «Und außerdem sparen wir Geld, jeder Einzelne von uns.»