Ein selbst ernannter Monarch erhält Einzug in Berlin-Kreuzberg. In dem bis heute als links-alternativ geltenden Kiez wird das schon länger erwartete Ereignis sogar kräftig gefeiert.
Der vor fast 26 Jahren gestorbene Musiker Rio Reiser («König von Deutschland», «Alles Lüge») bekommt einen nach ihm benannten Platz im Herzen von SO 36, bekommt einen nach ihm benannten Platz im Herzen von SO 36, wie der Stadtteil von vielen nach dem alten Postzustellbereich und dem daraus hervorgegangenen 1000 Berlin 36 auch bezeichnet wird.
Die Pläne des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg waren im April des vergangenen Jahres im Amtsblatt veröffentlicht worden. Von Anwohnerseite gab es daraufhin vier Widersprüche. Diese wurden im Oktober als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen habe es innerhalb der entsprechenden Fristen keine Klagen beim Verwaltungsgericht gegeben, sagte eine Sprecherin der dpa in Berlin. Somit ist die Ehrung von Reiser (1950-1996) durch. Die Entscheidung war umstritten, etwa weil die notorisch männerlastige Liste von Straßen und Plätzen eigentlich durch Frauennamen aufgelockert werden soll.
Der in der Szene populäre Platz an der Oranienstraße mit vielen Kneipen, Bars und Clubs heißt bisher Heinrichplatz. Er ist benannt nach Heinrich von Preußen (1781-1846), einem jüngeren Bruder des Königs Friedrich Wilhelm III. (1770-1840).
Rio Reiser kehrt nach Hause zurück
Jetzt soll der «König von Deutschland» Rio Reiser gefeiert werden. Die neuen Straßenschilder sind schon fertig. Der Bezirk erwartet am 21. August auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Die Grünen-Politikerin war in den 80ern einige Jahre Managerin der Politrockband Ton Steine Scherben («Macht kaputt, was euch kaputt macht», «Keine Macht für niemand»), deren Sänger Reiser vor seiner Solo-Karriere war. Einige Zeit lang bewohnten sie auch gemeinsam mit anderen Musikern eine Bauernhaus-WG im nordfriesischen Fresenhagen.
«Mit dieser Einweihung feiern wir die symbolische Rückkehr von Rio Reiser nach Hause, in einen Bezirk, in dem er jahrelang zuhause war», sagte Roth nun zur Umbenennung des Platzes. «Rios Kreuzberger Zeit war eine kreative, aufrührerische und schwierige Zeit, politisch-künstlerisch wie persönlich. Sein privates und künstlerisches Leben war avantgardistisch in jeder Hinsicht.» Es sei seine politische Überzeugung gewesen, sich offen und selbstbewusst zur eigenen Homosexualität zu bekennen. «Wie kaum ein anderer Künstler in Deutschland hat er gezeigt, dass das Private politisch ist.»
Die auch bei vielen Berlin-Touristen beliebte Buslinie M29 vollzieht die Wandlung in Kreuzberg direkt mit. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen die Haltestelle zeitgleich von Heinrichplatz in Rio-Reiser-Platz umbenennen.