Ein Arbeiter montiert Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marijan Murat/dpa)

Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am gesamten Stromverbrauch bis 2030 von derzeit knapp unter 50 auf mindestens 80 Prozent steigen. Gebraucht werden dafür nicht nur deutlich mehr Windräder, sondern auch deutlich mehr Solaranlagen.

Die Frage ist: Wo sollen die herkommen? Wirtschaftsminister Robert Habeck hält ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland für machbar.

Vor einigen Jahren habe man sie unverständlicherweise kaputtgehen lassen, sagte er Ende Juli in Bitterfeld-Wolfen. «Aber wir können es wieder hochziehen.» Der Grünen-Politiker war zu Besuch beim Solarmodulherstellers Meyer Burger Technology, einem der Großen der Branche. Der Schweizer Anlagenbauer hat vor einem Jahr 145 Millionen Euro in zwei neue Fabriken für Solarzellen und Module in Sachsen-Anhalt und Sachsen investiert – und in 3500 Arbeitsplätze.

Solarmodulimport aus asiatischen Ländern

Vor rund einem Jahrzehnt hatte die Branche ihre zwischenzeitlich große Bedeutung angesichts der Konkurrenz aus Asien verloren. Viele Firmen mussten Insolvenz anmelden oder wurden ins Ausland verkauft. «Beim Solarenergieausbau sind wir derzeit zu über 90 Prozent vom Solarmodulimport aus asiatischen Ländern abhängig», sagte Volker Quaschning, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und Experte für Regenerative Energien.

Und das könnte ähnlich wie bei den Einschränkungen der Gaslieferungen aus Russland erhebliche Folgen haben: «Sollte der Nachschub, aus welchen Gründen auch immer, unterbrochen werden, hat das direkten Einfluss auf das weitere Gelingen der Energiewende», warnte Quaschning. «Überfällt China Taiwan, ist möglicherweise die deutsche Energiewende erst einmal beendet.»

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW), Carsten Körnig, mahnt, der Wiederaufbau einer deutschen und europäischen Solarindustrie sei von großer Bedeutung, um widerstandsfähiger bei globalen Krisen zu werden. «Die Voraussetzungen für eine Renaissance der europäischen Solarindustrie haben sich bereits deutlich verbessert», sagte Körnig. «Durch die zunehmende Automatisierung ist der Anteil der Arbeitskosten deutlich gesunken, während gleichzeitig die Transportkosten immer stärker ins Gewicht fallen.»

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält es allerdings für den falschen Weg, den Zugang zu in China produzierten Modulen über bürokratische Hürden oder Zölle zu erschweren. «Letzteres wurde von der EU in der Vergangenheit praktiziert und hatte lediglich den Einbruch des Photovoltaik-Zubaus in Deutschland zur Folge», so der Verband. «Zielführender wäre es, wenn die gewünschten Ziele über positive Anreize und nicht über Strafen erreicht werden. Dafür müssen Deutschland und die EU in Sachen Photovoltaik wieder an Marktmacht und Bedeutung gewinnen.»

Solarindustrie in Deutschland – große Investitionen nötig

Nach Einschätzung von Quaschning ist das nötige Know-how für ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland vorhanden. «Es sind allerdings sehr große Investitionen erforderlich.»

Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI hält einen kräftigen Zuwachs bei Photovoltaikanlagen für realistisch. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz sorge bereits für höhere Fördersätze und auch für größere Ausschreibungsmengen. Gleichzeitig machten steigende Strom- und Heizkosten selbst erzeugten Strom attraktiver. «Die Chancen für ein Comeback der Solarindustrie in Deutschland stehen aus unserer Sicht derzeit gut.»

Nach Daten des BSW wurden 2021 deutschlandweit 50 Terawattstunden Solarstrom erzeugt und damit zehn Prozent der öffentlichen Stromversorgung gedeckt. Die Zahl der Solaranlagen ist im vergangenen Jahr um 235.600 auf rund 2,2 Millionen gestiegen. Im ersten Halbjahr 2022 kamen 157.566 neue Anlagen hinzu – ein klarer Trend nach oben.

Bremsfaktoren beim Ausbau der Solarenergie sind dem BSW zufolge bürokratische Hindernisse etwa beim Netzanschluss von Photovoltaikanlagen oder beim Erschließen geeigneter Kraftwerksstandort sowie Lieferengpässe infolge der Corona-Pandemie.

Aber auch der Fachkräftemangel erschwert den Ausbau der Solarenergie. Derzeit gibt es nach BSW-Schätzungen 25.000 Solarhandwerker in rund 5000 Betrieben des Elektrohandwerks in der Photovoltaikbranche. «Zur Umsetzung der Ausbauziele wird sich die Zahl bis zur zweiten Hälfte der 2020er Jahre mindestens verdoppeln müssen», sagte Verbandsgeschäftsführer Körnig.

Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke sieht das ebenfalls mit Sorge: «Die Nachfrage nach Fachkräften wird erwartungsgemäß weiter steigen», so Geschäftsführer Andreas Habermehl. «Das ist erfreulich, wird aber zum Problem, wenn die Beschäftigtenzahlen nicht im gleichen Maß mitwachsen, weil es bedeutet, dass sich der Fachkräftemangel weiter verschärft.»

Von Andreas Heimann, dpa

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