Die Diskussion um eine mögliche Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket dreht sich vor allem ums Geld. Ein neues Angebot im öffentlichen Nahverkehr dürfte je nach Ausgestaltung mehrere Milliarden Euro kosten. Woher soll das Geld kommen, wenn Bund und Länder keine zusätzlichen Schulden machen sollen?
SPD-Chef Lars Klingbeil brachte jüngst erneut die Übergewinnsteuer für Unternehmen ins Spiel. Doch zunehmend rücken auch die Regelungen für Dienstwagen in den Blick. Forderungen nach einer Reform dieser Regeln werden wieder lauter.
Kritik entzündet sich dabei schon lange an der sogenannten Dienstwagenpauschale, den Steuerregeln für die private Nutzung von Dienstwagen. Anderen Fachleuten geht es aber auch um die generelle Möglichkeit für Unternehmen, den Kauf von Dienstwagen zu großen Teilen von der Steuer abzusetzen. Zu diesen Kritikern gehört etwa der Lobbyverband Deutsche Umwelthilfe (DUH). «Jedes Jahr erstattet der Staat Steuern in Milliardenhöhe für Dienstwagen, die zu einem ganz überwiegenden Teil besonders klimaschädlich sind», sagt der DUH-Bundesvorsitzende Jürgen Resch.
PS-starke CO2-Schleudern
Um die Kritik zu untermauern, hat der Verband nun mehr als ein Dutzend besonders teure und PS-starke Luxusfahrzeuge aus den Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) herausgesucht. Dazu gehören etwa der Luxussportwagen Audi RS Q8 oder der Geländewagen AMG G 63 von Mercedes. Beide Fahrzeuge sind nicht nur mehrere hundert PS stark, sondern stoßen auch ein Vielfaches der von der EU gesetzten CO2-Grenzwerte von 95 Gramm pro Kilometer aus. Die deutliche Mehrheit dieser Fahrzeuge wird von Unternehmen und Freiberuflern gekauft – die einen großen Teil des Kaufpreises von der Steuer absetzen können.
Wer selbst in die Statistiken des KBA schaut, stellt fest: Je teurer ein Auto, desto höher ist der Anteil der sogenannten gewerblichen Neuzulassungen – also der Firmenwagen. Bei den mehr als 2200 neu zugelassenen Oberklasse-Fahrzeugen im ersten Halbjahr dieses Jahres etwa wurden laut KBA mehr als 85 Prozent an gewerbliche Käufer ausgeliefert. In der Kompaktklasse waren es hingegen lediglich 68 Prozent, bei Kleinwagen rund 51 Prozent.
Wenn ein Unternehmen einen Dienstwagen kauft, kann es laut Bundesfinanzministerium je nach Unternehmenssteuerbelastung zwischen 39 und 43 Prozent des Bruttolistenpreises vom Staat zurückbekommen. Erstattet wird sowohl die Vorsteuer als auch für fünf Jahre die Ertragssteuer in Folge der Abschreibung des Fahrzeugs. Das ist aus Sicht vieler Fachleute auch nicht verwerflich. Schließlich können Unternehmen alles mögliche von der Steuer absetzen.
Doch eine Obergrenze bei Dienstwagen gibt es nicht. Bei einigen Fahrzeugen aus der DUH-Untersuchung beläuft sich die Erstattung laut Verband deshalb auf deutlich mehr als 100.000 Euro für ein einzelnes Auto.
Klimakrise als Argument
DUH-Chef Resch kritisiert diese Summen. «Wir fordern angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Klimakrise einen sofortigen Stopp der Absetzbarkeit für Fahrzeuge, die die seit 2020 gültigen EU-Flottengrenzwerte überschreiten», sagt er. Damit würden zunehmend emissionsarme Autos und Elektrofahrzeuge in den Firmenflotten und schließlich auf dem Gebrauchtmarkt landen, wenn die Dienstwagen nach wenigen Jahren wieder verkauft werden.
Zum anderen schlägt Resch eine preisliche Obergrenze vor, ab welcher der Staat keine Steuererstattungen mehr anbietet. «Das sollten 30.000 Euro pro Fahrzeug sein, nach dem Beispiel Frankreichs.» Auf diese Weise könne der Staat Milliarden einsparen und damit Anschlusslösungen für das 9-Euro-Ticket finanzieren, ist Resch überzeugt.
Andere Fachleute sehen zusätzliches Potenzial in einer Änderung des sogenannten Dienstwagenprivilegs: Wer seinen Firmenwagen auch privat nutzen kann, der hat einen sogenannten geldwerten Vorteil, der versteuert werden muss. Wer kein Fahrtenbuch führt, muss pro Monat ein Prozent des Bruttolistenpreises an den Staat abgeben, bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben weniger.
«Doch der tatsächliche geldwerte Vorteil für den Nutzer liegt je nach Ausmaß der Privatnutzung deutlich höher», sagt Matthias Runkel, Verkehrsexperte beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), einem weiteren Interessenverein. Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass der Staat mindestens 3,1 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr einnehmen könnte, wenn sich die Besteuerung am tatsächlichen ökonomischen Vorteil für den privaten Dienstwagennutzer orientieren würde. Das FÖS geht mit aktuelleren Zahlen sogar von 4,5 bis 5,5 Milliarden Euro an möglichen Zusatzeinnahmen aus.
Leisten könnten sich die Dienstwagen-Privatnutzer das wohl. Je höher das Einkommen, sagt Runkel, umso weiter verbreitet sind schließlich Firmenfahrzeuge.