Serena Williams musste nach ihrem Aus bei den US Open weinen: «Das sind Freudentränen, denke ich». (Urheber/Quelle/Verbreiter: Charles Krupa/AP/dpa)

Als sich Serena Williams mit feuchten Augen und schwerem Herzen von der großen Tennis-Bühne verabschiedete, dröhnte aus den Lautsprechern Tina Turners Evergreen «The Best».

Nicht nur die Songauswahl passte zum wohl letzten Match der für viele besten Tennisspielerin der Geschichte: Night Session bei den US Open in New York, 24.000 euphorisierte Fans im Arthur Ashe Stadium, Millionen gebannte TV-Zuschauer, ein dramatischer Verlauf – und eine in über drei Stunden Spielzeit niemals aufgebende Serena Williams. Genau so will die 23-malige Grand-Slam-Turniersiegerin in Erinnerung behalten werden.

«Ich bin so eine Kämpferin», sagte die 40-Jährige nach dem 5:7, 7:6, 1:6 gegen die Australierin Ajla Tomljanović stolz. «Ich fühle, dass ich dem Tennis wirklich etwas gegeben habe und noch immer gebe. Der andere Look, die Siegerfaust, die verrückte Intensität.» Sie sei «so dankbar, dass ich diese Momente hatte, dass ich Serena bin».

Dank unter Tränen

Diese Sätze von der Pressekonferenz hatten genau wie zuvor ihre Danksagungen auf dem Platz einen klaren «Goodbye»-Charakter. Unter Tränen bedankte sich die US-Amerikanerin bei ihrer Familie, insbesondere bei Schwester Venus, mit der sie am Abend zuvor auch im Doppel aus dem Turnier ausgeschieden war. Und trotzdem wollte sie sich nach 24 Jahren, 81 Grand-Slam-Turnieren sowie etlichen Höhen und Tiefen noch ein klitzekleines Hintertürchen für eine Rückkehr offen halten.

«Ich denke es zwar nicht, aber man weiß ja nie», sagte Williams, die mit Blick auf die Australian Open Anfang des kommenden Jahres lächelnd anfügte: «Ich habe Australien schon immer geliebt…» Doch realistisch ist eine Rückkehr nicht. Sie sei nun bereit, noch mehr «Mutter zu sein, eine andere Version von Serena zu sein». Vor ihr liege «eine glänzende Zukunft».

Doch der Abschied vom Tennis – so viel ist klar – fällt Williams enorm schwer. Dass sie den Allzeit-Rekord der Australierin Margaret Court um einen Grand-Slam-Turniersieg verpasst, wurmt die ehrgeizige Athletin. Bei den US Open, wo sie 1999 als 17-Jährige ihren ersten Grand-Slam-Titel gewann, nahm sie einen letzten Anlauf. Zumindest bewies Williams, dass sie noch immer mit Spielerinnen mithalten kann, die vom Alter her ihre Töchter sein könnten.

Kämpferherz überzeugt

Kaum Spielpraxis, abgerutscht auf Weltranglistenplatz 605, schwache Ergebnisse vor dem Turnier – aber Williams trotzte den niedrigen Erwartungen. Phasenweise spielte sie im Flushing-Meadows-Park fast wie zu besten Zeiten, und auf ihr Kämpferherz war immer Verlass. Gegen Tomljanović, die im Achtelfinale auf die formstarke Russin Ljudmila Samsonowa trifft, wehrte Williams trotz eines aussichtslosen 1:5-Rückstandes im dritten Satz insgesamt fünf Matchbälle ab.

«Es tut mir sehr leid, ich liebe sie so wie ihr alle», sagte Tomljanović sichtlich unwohl in ihrer Haut ins Stadionmikrofon: «Sie ist die Größte aller Zeiten».

Doch auch die Größten müssen irgendwann abtreten. Die Tränen in ihren Augen würden nicht aus Trauer fließen, sagte Williams, es seien eher «Freudentränen». Aber ganz genau wüsste sie es selber nicht. Williams muss sich erst an den neuen Lebensabschnitt gewöhnen, an die neuen Freiheiten. Am ersten Tag als vermeintliche Tennis-Rentnerin wollte sie sich «definitiv ausruhen» und «Zeit mit meiner Tochter verbringen».

Und für die Abendgestaltung hatte sie auch schon einen Wunsch: «Ich werde wohl zum Karaoke gehen.» Der Tina-Turner-Hit «The Best» wäre ein passender Song für sie.

Von Jörg Soldwisch, dpa

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