Beginn der Prozession: Königliche Wachen mit dem Sarg von Königin Elizabeth II. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jon Super/PA Wire/dpa)

Bevor die gestorbene Queen an diesem Dienstag von Edinburgh nach London übergeführt werden soll, haben Tausende Schotten bei einem Trauerzug Abschied von der gestorbenen Elizabeth II. genommen. König Charles III. führte am Montag in der Altstadt der schottischen Hauptstadt zu Fuß eine Prozession mit dem Sarg an. Am Morgen hatte der neue Monarch in London Beileidsbekundungen der Parlamentarier von Unter- und Oberhaus entgegengenommen. Enkel Prinz Harry würdigte die Queen erneut als Vorbild für Pflichterfüllung. In Deutschland zeigt laut einer Umfrage ein Großteil kein Interesse an der Queen-Trauer.

Während es Sonntagabend noch heftig regnete in Edinburgh, schien am Montag die Sonne. Tausende Schottinnen und Schotten säumten den Weg, als neben Charles (73) hinter dem Wagen mit dem in die royale Standarte eingehüllten Sarg auch seine Geschwister Prinzessin Anne (72), Prinz Edward (58) und der umstrittene Prinz Andrew (62) liefen.

Während des Trauerzugs wurde ein 22-Jähriger festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Ihm wird Landfriedensbruch vorgeworfen. In sozialen Netzwerken wurde ein kurzer Clip geteilt, der zeigt, wie ein Mann die Prozession anbrüllt, bevor er weggezogen wird.

Aufbahrung in der Kathedrale

Die Prozession führte von der königlichen Residenz, Palace of Holyroodhouse, zur gut einen Kilometer entfernten St.-Giles-Kathedrale, in der ein Gottesdienst stattfand. Der geschlossene Sarg sollte dort für rund 24 Stunden aufgebahrt bleiben, damit die Bevölkerung weiter Abschied nehmen kann.

Die Queen war am Donnerstag im Alter von 96 Jahren auf ihrem geliebten schottischen Landsitz Schloss Balmoral gestorben. Sie wurde am Sonntag zunächst nach Edinburgh überführt.

Prinz Andrew trug bei der weitgehend stummen Prozession als einziges der Queen-Kinder keine militärische Uniform. Die Queen hatte ihm Anfang des Jahres wegen der Verwicklung in den Missbrauchsskandal um den gestorbenen US-Multimillionär Jeffrey Epstein alle militärischen Dienstgrade aberkannt. Seine offizielle Rolle als Repräsentant des Königshauses hatte er vorher schon eingebüßt.

Charles und seine Frau, Königin Camilla, wurden mit Beifall empfangen, als sie Montagnachmittag mit ihrem Wagen in der Innenstadt von Edinburgh eintrafen. Tausende Menschen hatten sich schon seit den Morgenstunden entlang der zentralen Straße Royal Mile eingefunden.

«Operation Spring Tide»

Charles‘ Reise nach Schottland, bei der er auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon traf und im Parlament Beileidsbekundungen entgegennahm, ist Teil der «Operation Spring Tide», die Besuche von Charles als neuem König in allen vier britischen Landesteilen vorsieht. Am Dienstag ist Nordirland an der Reihe, auch ein Besuch in Wales ist geplant.

Für Dienstagabend ist die Überführung des Leichnams der Queen per Flieger nach London geplant, wo die Gestorbene für mehrere Tage aufgebahrt werden soll. Dort fanden sich schon am Montag erste Trauernde am vermuteten Anfang der Warteschlange ein.

Am Mittwoch führt Charles auch in London einen Leichenzug an, der vom Buckingham-Palast zum Parlament führen soll. Dort wird der Sarg auf einem als Katafalk bezeichneten Gerüst in der Westminster Hall ab 17 Uhr (Ortszeit) aufgebahrt. Zur Totenwache werden Hunderttausende Menschen erwartet. Ein konservativer Abgeordneter sprach am Montag sogar von bis zu zwei Millionen Menschen.

Steinmeier will zum Staatsbegräbnis kommen

Bis zum Morgen des Staatsbegräbnisses hat die Bevölkerung die Möglichkeit, der Queen einen letzten Besuch abzustatten und sich zu verabschieden. Fast jeder zweite Erwachsene in Großbritannien hatte einer Umfrage zufolge wegen des Todes der Queen geweint. 44 Prozent der Befragten haben demnach eine Träne verdrückt, wie das Meinungsforschungsinstitut Yougov mitteilte.

Das Staatsbegräbnis, zu dem für Deutschland Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier anreisen will, ist für Montag, den 19. September, angesetzt. Die Briten erhalten dafür einen Extra-Feiertag. Bis dahin gilt Staatstrauer, offizielle Veranstaltungen und der parlamentarische Betrieb sind ausgesetzt.

Die Regierung in London rief die Menschen in Großbritannien zu einer Schweigeminute am Tag vor dem geplanten Staatsbegräbnis auf – Sonntagabend um acht (18.9., 21.00 Uhr MESZ). Schon am Montag wurde der Queen im Europaparlament gedacht. «Die Welt trauert um Ihre Majestät, Königin Elizabeth II.», sagte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola in Straßburg vor einer Schweigeminute für die Monarchin. Wenige hätten die Weltgeschichte so geprägt wie die Queen. Die Worte ihrer Rede im Europäischen Parlament 1992 klängen heute noch nach.

«Ihre unerschütterliche Anmut und Würde blieben ihr ganzes Leben lang und sind jetzt ihr ewiges Vermächtnis», schrieb Prinz Harry in einer Mitteilung, die am Montag auf der Seite seiner Stiftung Archewell veröffentlicht wurde. Seinem Vater versicherte der 37-Jährige seine Unterstützung. Die Beziehung zwischen Harry und seinem Vater sowie seinem Bruder Prinz William (40) gilt als schwer belastet. Harrys Ankündigung, Charles in seiner neuen Rolle zu ehren, könnte eine Friedensgeste bedeuten.

Harry lebt mit seiner Ehefrau Herzogin Meghan und den gemeinsamen Kindern Archie (3) und Lilibet (1) in Kalifornien. Als die Königin am Donnerstag in Schottland starb, hielt sich das Paar zufällig in Großbritannien auf. Meghan und Harry haben ihre royalen Pflichten aufgegeben und den Palast wiederholt scharf kritisiert. Die Queen nahmen sie aber stets ausdrücklich von den Vorwürfen aus.

Neuseeland ruft einmaligen Feiertag aus

Die neuseeländische Regierung hat derweil den 26. September zum einmaligen Feiertag erklärt. Eine Woche nach dem Staatsbegräbnis will der Pazifikstaat damit der Monarchin gedenken. Einen Tag nach den Proklamationszeremonien in London war Charles III. am Sonntag auch in Neuseeland offiziell zum neuen Staatsoberhaupt ernannt worden.

Eine repräsentative Erhebung des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab, dass in Deutschland die Trauer um die Queen nur bei einem Teil der Menschen auf Interesse stößt. 42 Prozent der Befragten gaben an, die Trauertage und das Staatsbegräbnis für die Queen in den Medien verfolgen zu wollen. Ebenfalls 42 Prozent planten, das nicht zu tun. 15 Prozent machten keine Angabe. Befragte ab 55 Jahren und Frauen wollten demnach die mediale Berichterstattung eher verfolgen.

Von Christoph Meyer, Larissa Schwedes und Benedikt von Imhoff, dpa

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