«Das Humboldt Forum ist eine Baustelle und bleibt es auch», sagt Kulturstaatsministerin Claudia Roth. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Paul Zinken/dpa)

Mit dem Humboldt Forum in Berlin steht Deutschlands aktuell wichtigstes und teuerstes Kulturprojekt vor dem finalen Öffnungsschritt. Am Samstag sollen auch die Türen von zwei riesigen Museumsarealen geöffnet werden. Dann sind erstmals die als koloniales Raubgut geltenden Benin-Bronzen wieder zu sehen. Aus Sicht von Kulturstaatsministerin Claudia Roth ist der Streit ums Forum damit nicht vom Tisch.

«Das Humboldt Forum ist eine Baustelle und bleibt es auch», sagte die Grünen-Politikerin der dpa in Berlin. «Das kann ja auch etwas Positives sein, wo etwas Neues entsteht, aufgebaut wird, wo auch mal etwas anderes gemacht und der Bauplan verändert wird.»

Die Kritik an dem Kultur- und Ausstellungszentrum habe eher mit äußerer Darstellung zu tun als mit dem, was innen passiere. «Das Humboldt Forum ist kein Ort der Selbstbespiegelung, sondern wird ein Ort sein der Auseinandersetzung mit unserer Geschichte in Kooperation mit denen, die international von unserer Geschichte zu Opfern gemacht worden sind, unter uns gelitten haben», sagte Roth. «Es wird ein offener Ort der internationalen Begegnung, wo Präsentationen, Ausstellungen stattfinden, die nicht nur aus weißer deutscher Perspektive kuratiert werden, sondern in Kooperation entstehen.»

Das rund 40.000 Quadratmeter umfassende Gebäude teilen sich zwei Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das Land Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Humboldt Forum. Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika, Ozeanien – und Berlin.

Umstrittenes Gebäude

Befördert werden die Debatten auch durch den 680 Millionen Euro teuren Bau hinter der umstrittenen rekonstruierten Schlossfassade, die auch für deutsche Kolonialmacht steht. Kunststücke, die unter kolonialen Bedingungen in Museen landeten, finden sich unter einem Kreuz auf der Kuppel mit weithin sichtbarem Bibelspruch, der die Unterwerfung aller Menschen unter das Christentum fordert.

Deutschland und Nigeria hatten zuletzt den Weg frei gemacht für die Rückführung der in der Kolonialzeit geraubten Benin-Bronzen. Die Preußen-Stiftung hat inzwischen das Eigentum seiner 512 Objekte an Nigeria übertragen. Statt ursprünglich geplant 220 sollen nun noch etwa 40 Objekte als Leihgaben die Bandbreite der höfischen Kunst Benins zeigen.

Roth: Rückgabe von Kolonial-Objekten „Türöffner“

«Mit der Rückgabe der Benin-Bronzen, mit der Vereinbarung mit Nigeria gibt es auch eine ganz enge Kooperation auf Augenhöhe. Das Innere im Humboldt Forum hat sich verändert, da wurde viel neu gedacht und umgesetzt», sagte Roth. Gleichzeitig machte sie klar: «Mit dem Abkommen ist der Druck nicht weg, im Gegenteil. Das ist nicht das Ende. Man darf nicht sagen: so, jetzt sind wir fertig mit der Geschichte. Ich glaube, das ist wie ein Türöffner. Das ist erst der Beginn.» Die Bereitschaft in den Museen sei groß.

Roth sieht eine große Chance, Verarbeitung kolonialer Geschichte und Verantwortung ernst zu nehmen. «Wir müssen versuchen, wo es geht, Gerechtigkeit herzustellen, als Voraussetzung für ein ganz neues Verhältnis mit den Herkunftsgesellschaften.»

Das Humboldt Forum ist aus ihrer Sicht ein geeigneter Ort dafür. «Das Humboldt Forum ist kein klassisches Museum, wo eine koloniale Sammlung präsentiert wird, sondern es ist ein Ort, an dem es auch Diskussionen gibt, Auseinandersetzungen, Theater, Musik, Film.» Es solle «ein offener Ort sein mitten im Herz unserer Stadt und soll zeigen, was internationale Begegnung bedeutet». Es solle auch «ein Kennenlernen von dem, was die Welt ausmacht», sein.

Das Humboldt Forum solle die eurozentristische Perspektive überwinden helfen. «Nicht nur zur Vergangenheitsverarbeitung und -bewältigung, sondern eben auch zu einem Neubeginn einer ganz neuen Beziehung», sagte Roth. «Afrikanische Museen, afrikanische Kulturschaffende haben uns immer wieder gesagt, wie wichtig es ist, dass wir im Hier und Jetzt ankommen.» So sollten von Indigenen gestaltete Ausstellungen zu sehen sein, «die es noch nie irgendwo gab».

Kritik an Kuppelspruchband

Roth kritisierte erneut das Kuppelspruchband. «Die Inschrift wird als Anspruch einer Dominanzkultur wahrgenommen.» Es reiche nicht aus zu sagen, das sei historisch so gewesen. Heute seien wir weiter. «Wenn das ein Ort ist, an dem sich unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Religionen treffen sollen, dann müssen wir das, was historisch so war, kontextualisieren.» Es müsse etwas passieren, aber: «Wir reißen das Gebäude nicht wieder ab.»

Nach umstrittenen Spenden will Roth privaten Finanzmitteln aus unklaren Quellen einen Riegel vorschieben. «Wir wollen Transparenz bei den Spenden.» Es müsse ausgeschlossen werden können, «dass Geldspenden eingehen von Personen aus rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Zusammenhängen».

Von Gerd Roth, dpa

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